Familienleben Kolumne Teenager und Pubertät

(Familien-)Leben in einer WG

Das Familienleben als Spiessrutenlauf

Kürzlich wurde ich gefragt, welches meine aktuell grösste Herausforderung in der Familie sei. Ganz ehrlich? So ziemlich alles. Vorpubertät, Gymi-Prüfung und Fortnite sind nur die Spitze des Eisbergs. Das Familienleben kommt mir vor wie ein Spiessrutenlauf auf einem Minenfeld – ein falscher Tritt, und schon löse ich die nächste Explosion aus.

Das eigene Haus als sicherster Zufluchtsort?

«Das eigene Haus ist für jeden der sicherste Zufluchtsort», hielt das römische Gesetzeswerk «Corpus Iuris Civilis» fest. Oh ja, wie schön wäre es, wenn ich mich hin und wieder an einen sicheren und vor allem ruhigen und Jungs-freien Ort im Haus zurückziehen könnte. Das ist nämlich meine derzeit grösste Herausforderung: «Mein» Haus ist von Männern besetzt worden! Es gibt keinen Ort mehr, wo ich mich vor all diesem Testosteron in Sicherheit bringen kann. Als alleinige Frau in einem männer­dominierten Haushalt fühle ich mich auf verlorenem Posten.

Hilfe, ich bin nicht WG-tauglich!

Ich wollte nie in einer WG wohnen. Ich brauche meine Ruhe, meine Privatsphäre, ich habe meine Vorstellung von Ordnung und Sauberkeit. Und ich teile das Badezimmer nur ungern mit anderen. Unordnung und Lärm tun meinen Augen und Ohren weh und bringen meine Seele aus dem Gleichgewicht. Nun wohne ich nolens volens doch in einer: Betrete ich ein Zimmer, hockt schon einer drin. Der Familientisch ist ständig mit Schulkram belegt. Das Entree ist mit Schuhen, Turn- und Rucksäcken zugepflastert, überall hängen und liegen Jacken, Helme und Mützen. Von allen Seiten ertönt Musik, gleichzeitig und in verschiedenen Stilrichtungen. Will ich aufs WC, ist auch das besetzt. Möchte ich abends auf «mein» Sofa sitzen, hats keinen Platz, weil sich drei mir plötzlich unbekannt erscheinende Männer drauf fläzen.

Vom Familienhaushalt zur Männer-WG

Ich wusste, dass ich mit Familie nie mehr so wohnen kann, wie es mir in meinem tiefsten Inneren gefallen würde. Doch dass die Bezeichnung «Familienhaushalt» spätestens ab dem Eintritt der Buben in die Pubertätsphase gleichzusetzen ist mit einer «Männer-WG», das wird mir erst jetzt bewusst.

immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich

Wisst ihr, wovon ich spreche? Seid ihr WG-tauglich?

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