
Persönliche Wohnreise
Wohnen ist wie das Leben selbst – ein stetiger Wandel. Unsere Wohnträume und -vorstellungen verändern sich im Laufe der Zeit, geprägt von unseren Lebensphasen und individuellen Bedürfnissen. In diesem Blogbeitrag nehme ich euch mit auf meine persönliche Wohnreise, die mich vom beschaulichen Glarnerland über die Zürcher Innenstadt bis hin zu einem charmanten Stadtrandquartier führte. Meine Geschichte spiegelt nicht nur meinen eigenen Weg wider, sondern auch allgemeine Trends und Herausforderungen des Wohnens in der Schweiz.
Jugendträume
Als junge Frau wollte ich auf keinen Fall länger auf dem Land leben. Aufgewachsen im beschaulichen Glarnerland, wo während meiner Jugendjahre nur einmal pro Stunde ein Zug durchs Tal fuhr, sehnte ich mich vor allem nach mehr Mobilität, um täglich zur Schule zu gehen oder am Wochenende auszugehen. Von einem eigenen Haus träumte ich nie. Unser altes Glarner Häuschen mit Gärtchen empfand ich als beengend und ich beneidete meine Freundinnen um ihre modernen 70er-Jahre-Wohnungen mit Balkon. So schnell wie möglich wollte ich aus dieser unflexiblen, kleinkarierten Lebenssituation ausbrechen und in die Stadt ziehen, wo ich Studium, Arbeit und Freizeit optimal verbinden konnte. Und natürlich wollte ich in eine moderne Wohnung ziehen, die gross, hell und offen ist. Niemals hätte ich mir damals vorstellen können, eines Tages wieder auf dem Land in einem kleinen, alten Einfamilienhaus leben zu wollen.
Vom Land in die Stadt – und wieder zurück
Aber das Leben nimmt oft unerwartete Wendungen. Seit 20 Jahren wohne ich nun mit meiner Familie in einem kleinen, älteren Haus. Mit Gärtchen. In Zürich-Albisrieden – einem Quartier, das sich anfühlt wie meine alte Heimat, obwohl es offiziell zu Zürich gehört. Wie kam es dazu? Mein Weg führte mich zunächst, wie viele junge Schweizerinnen und Schweizer, zum Studieren und Arbeiten in die Stadt. Der Zugang zu Bildungseinrichtungen und attraktiven Arbeitsplätzen ist für viele junge Menschen ein entscheidender Faktor, in urbane Gebiete zu ziehen. Gemäss einer Studie des Bundesamts für Statistik leben 74 % der Schweizer Bevölkerung in Städten oder Agglomerationen. Die Vorteile liegen auf der Hand: besserer Zugang zu Bildung, attraktive Arbeitsplätze, öffentliche Verkehrsmittel und ein vielfältiges Freizeitangebot. Doch meine erste Wohnung war nicht gleich meine Traumwohnung. Wie die meisten jungen Menschen in der Schweiz habe auch ich mit günstigen Wohngemeinschaften begonnen und mich mit steigendem Einkommen und veränderten Lebensumständen nach grösseren oder besser gelegenen Wohnungen umgesehen. Immerhin war der Weg zur Traumwohnung damals noch keine so grosse Herausforderung wie heute. Gesamtschweizerisch sank die Leerstandsquote in den letzten 20 Jahren nämlich von etwa 2,2 % auf rund 1,6 %. In Zürich sank sie in diesem Zeitraum von rund 1,7 % auf etwa 0,7 %. Der starke Rückgang ist vor allem auf das Bevölkerungswachstum, die hohe wirtschaftliche Attraktivität sowie die steigenden Miet- und Immobilienpreise zurückzuführen.
Wandel der Wohnbedürfnisse
In meiner Traumwohnung habe ich allerdings nicht lange gewohnt, denn mit der Familiengründung haben sich meine Prioritäten beim Wohnen wieder geändert. Plötzlich war der Wunsch nach einem eigenen Haus in ruhiger, naturnaher Umgebung da. Ich konnte nun nicht nur die Überlegungen meiner Eltern nachvollziehen, sondern erkannte mich auch in den Ergebnissen von Familienumfragen wieder: 37 % der umzugswilligen Familien in der Schweiz suchen in dieser Phase ein Haus zum Kauf, die Kinderfreundlichkeit der Umgebung ist für 39 % der Umzugswilligen ausschlaggebend. Mit dem Erwerb eines Hauses in Zürich-Albisrieden fand meine Wohnreise auf überraschende und erfreuliche Weise ein Ende. Vom ländlichen Glarnerland über die pulsierende Zürcher Innenstadt führte mich der Weg schliesslich in ein Quartier, das städtisches und ländliches Leben harmonisch vereint. Diese persönliche Erfahrung spiegelt einen allgemeinen Trend in der Schweiz wider: Unsere Wohnpräferenzen wandeln sich im Laufe des Lebens, beeinflusst durch Bildungsweg, berufliche Entwicklung, finanzielle Möglichkeiten und familiäre Umstände.
Neue Wohnkonzepte gewinnen an Bedeutung
Inzwischen mache ich mir Gedanken, wie mein zukünftiges Wohnen aussehen könnte, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Behalte ich mit meinem Mann das Haus und wir bauen es altersgerecht um? Ziehen wir in ein Tiny House oder reisen wir mit einem Wohnmobil durch die Welt? Oder wagen wir uns an alternative Wohnmodelle? Innovative Wohnkonzepte wie Mehrgenerationenhäuser, Alters-WGs, Wohnen für Hilfe und Co-Living-Spaces haben in den letzten Jahren in der Schweiz an Popularität gewonnen. Diese Wohnformen bieten Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen wie den demografischen Wandel und das wachsende Bedürfnis nach Gemeinschaft. Sie fördern den sozialen Zusammenhalt und bieten eine Möglichkeit, den Herausforderungen des Alterns in einer zunehmend individualisierten Gesellschaft zu begegnen. Wie das funktionieren kann, zeigen Projekte wie die «Giesserei » in Winterthur, wo Jung und Alt zusammenleben und voneinander profitieren.
Interessant sind auch Co-Living-Spaces, die private Rückzugsräume mit gemeinschaftlich genutzten Bereichen kombinieren. Sie entsprechen damit dem wachsenden Bedürfnis nach Gemeinschaft und Vernetzung. Diese Wohnform ist nicht nur kosteneffizient, sondern fördert auch den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Bewohnern. In einer Zeit, in der viele Menschen in städtischen Umgebungen leben, in denen Anonymität und Isolation häufig sind, bieten solche Konzepte eine willkommene Alternative. Zuhause ist, wo ich mich gerade wohlfühle. DIE perfekte Wohnlösung auf Dauer scheint es jedenfalls nicht zu geben. Viel wichtiger ist es, sich bewusst zu machen, was einem in der jeweiligen Lebensphase wichtig ist und wie man wohnen und leben möchte. Von der Stadtwohnung über das Einfamilienhaus bis zum Gemeinschaftsprojekt – die Vielfalt der Wohnformen in der Schweiz bietet viele spannende und neue Lösungen für unterschiedliche Bedürfnisse. Mein altes Häuschen im beschaulichen Albisrieden mag weit entfernt sein von meinen jugendlichen Grossstadtträumen, aber es ist der Ort, an dem ich mich jetzt mit meiner Familie wohl und geborgen fühle. Ich bin «sehr zufrieden». So wie über 70 % der Schweizerinnen und Schweizer, die von GFS Bern im Auftrag von Immobilien-Anlagestiftungen zu ihrer Zufriedenheit mit der aktuellen Wohnsituation befragt wurden. Besonders spannend: Die Zufriedenheit mit der eigenen Wohnsituation steigt mit dem Alter, ist bei Wohneigentümern höher als bei Mietern und in ländlichen Gebieten tendenziell höher als in Städten.
Wie sieht eure Wohnreise bis jetzt aus?
Dieser Text ist erstmals als Titelgeschichte im Magazin active & live erschienen.
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