Familienleben

Freundlichkeit verwandelt Begegnungen in Freundschaften

Freundlichkeit verwandelt Begegnungen in Freundschaften
Cristina Milani auf ihrer „Sitzbank der Freundschaft“

Schlüssel zu einer besseren Welt

Cristina Milani, Psychologin und ehemalige Präsidentin der World Kindness Movement, teilt ihre Erkenntnisse über die Kraft der Freundlichkeit und deren Bedeutung für unsere Gesellschaft. Im aufschlussreichen Interview, das wir mit ihr führen durften, erklärt sie, warum Freundlichkeit angeboren ist, welche Faktoren sie beeinflussen und wie wir alle dazu beitragen können, eine freundlichere Welt zu schaffen.


Macht Freundlichkeit zur Gewohnheit und ihr werdet die Welt verändern.

Liebe Cristina, glaubst du, dass Freundlichkeit eine natürliche Eigenschaft des Menschen ist?

Die Basis für Freundlichkeit ist angeboren. Das hat die Entdeckung der Spiegelneuronen durch Professor Giacomo Rizzolati bestätigt. Diese speziellen Nervenzellen ermöglichen es uns, die Gefühle anderer zu spüren und ihr Verhalten intuitiv zu spiegeln. So lächeln wir automatisch zurück, wenn uns jemand anlächelt, oder wir fühlen uns inspiriert, freundlich zu sein, wenn wir Freundlichkeit bei anderen erleben – sie ist einfach ansteckend.

Dennoch sind nicht alle Menschen automatisch freundlich – warum?

Die Gründe dafür sind vielschichtig und nicht einfach zu erklären. Manche Menschen haben Schwierigkeiten mit dem täglichen Druck umzugehen, dem sie ausgesetzt sind, und neigen deshalb zu unfreundlichem Verhalten. Es ist eine Frage der persönlichen Bewältigungsmechanismen und Erfahrungen, die jeder Mensch im Laufe seines Lebens sammelt.

Welche Faktoren beeinflussen die Bereitschaft, freundlich zu sein?

Zum Beispiel der Lebensraum. In der Stadt können Menschen aufgrund der Anonymität und des schnellen Lebenstempos weniger freundlich erscheinen oder weniger Zeit für zwischenmenschliche Interaktionen haben. Auf dem Land hingegen ist die Gemeinschaft häufig enger, was dazu führen kann, dass mehr Wert auf Freundlichkeit und zwischenmenschliche Beziehungen gelegt wird. Kulturelle Unterschiede spielen ebenfalls eine Rolle, da Höflichkeit und Hilfsbereitschaft in einigen Kulturen mehr geschätzt werden als in anderen. Und wie bereits angetönt, spielen auch persönliche Erfahrungen eine Rolle bei der Entwicklung der Bereitschaft, freundlich zu sein. Positive Erfahrungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen freundlich sind, negative Erfahrungen führen dazu,
dass sie eher zurückhaltend sind.

Was sind die Vorteile von freundlichem Verhalten?

Abgesehen davon, dass sich Freundlichkeit positiv auf den Empfänger auswirkt, zeigen Studien, dass sich regelmässige freundliche Handlungen ebenso positiv auf die körperliche und geistige Gesundheit des Senders auswirken können. Freundlichkeit verbessert Beziehungen und fördert das allgemeine Wohlbefinden. Auf gesellschaftlicher Ebene ist Freundlichkeit sehr wichtig für die Zukunft der Menschheit. Komponenten wie Solidarität, Teilen und Altruismus (Uneigennützigkeit) sind notwendig, um unser Zusammenleben zu sichern. Die Bedeutung von Freundlichkeit in der modernen Leistungsgesellschaft ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Das «Bedari Kindness Institute » an der University of California in Los Angeles beschäftigt sich damit und untersucht unter anderem, ob freundliche Kulturen – wie zum Beispiel die japanische – erfolgreicher sind als andere.

Was ist das Ziel von «The World Kindness Movement»?

Die Bewegung «The World Kindness Movement» wurde gegründet, um Menschen und Nationen zu ermutigen, einander mit Respekt, Empathie und Wertschätzung zu begegnen und eine freundlichere Welt zu schaffen. Sie unterstützt damit die «17 Ziele für nachhaltige Entwicklung» der UNO und setzt sich mit Bildungsprogrammen und Projekten für eine Kultur der Freundlichkeit ein. Seit der Gründung am 13. November 1996 gilt dieser Tag als «World Kindness Day».

Wie setzt du dich als Botschafterin für Freundlichkeit ein?

Um das Bewusstsein für Freundlichkeit in der Gesellschaft zu fördern und eine Kultur der Freundlichkeit zu schaffen, habe ich den gemeinnützigen Verein Gentletude gegründet. Derzeit arbeiten wir an einem Bildungsprogramm für Schulen. Wir bieten Aktivitäten an, die im Unterricht oder zu Hause durchgeführt werden können, um Kinder an Freundlichkeit heranzuführen und so Mobbing oder Cybermobbing zu verhindern. Zudem haben wir die Sitzbank der Freundschaft ins Leben gerufen. In verschiedenen Parks im Tessin werden Bänke aufgestellt. Wer darauf Platz nimmt, soll miteinander in Kontakt kommen. Ein Lächeln und ein Gespräch können der Beginn einer Freundschaft sein.

Welche kleinen Gesten der Freundlichkeit könnt ihr in eurem Alltag aktiv fördern? Und welche kleinen Gesten könnten für euch den Unterschied machen?

Dieser Text ist erstmals als Titelgeschichte im Magazin active & live erschienen.

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