
Graue Haare? Ja, und?
Als wenig Beauty-affine Frau haben mich Trends rund um Gesichtskosmetik oder Hairstyling nie wirklich interessiert. Ich bin der Typ «acqua e sapone», was auf Deutsch so viel heisst wie «ich habe mich noch nie wirklich richtig geschminkt». Meine Haare trage ich so, wie sie gerade fallen, und seit sie da sind, nach dem Motto: «silver hair don’t care».
Mit meiner gleichgültigen Einstellung zum Schminken und Haarefärben stand ich all die Jahre meist allein da. Von «Mut» zu diesem Entscheid sprach niemand, sondern vielmehr von «einer verpassten Chance», etwas mehr aus mir selbst machen und gleichzeitig meinem Alter ein Schnippchen schlagen zu können. Doch das dürfte sich jetzt ändern, denn es gibt nun einen Trend, der mir Aufwind geben könnte. So hat zum einen eine «SRF»-Moderatorin kürzlich graue Haare von einem Tag auf den andern salonfähig gemacht, indem sie ein Selfie publizierte, auf dem einige davon zu sehen waren. Für ihren «Mut», auf Natürlichkeit zu setzen, erhielt sie viel Bewunderung. Zum anderen hat erstmals eine ungeschminkte Frau das Finale der Miss-England-Wahlen erreicht. Ohne Make-up aufzutreten, wurde auch hier als «mutige Entscheidung» in den Himmel gelobt.
Selbstverständlich begrüsse ich den Trend, die natürliche Schönheit zu stärken und damit vor allem junge Frauen vom Diktat zu befreien, sich schminken und graue Haare färben zu müssen, um mehr aus sich zu machen und jünger auszusehen. Doch der Hype, der rund um diesen «Mut» zur Natürlichkeit entstanden ist, mutet – wie jeder Hype – inszeniert und deshalb gekünstelt an. Insbesondere, wenn man bisher mit derselben Haltung meist nur mitleidiges Kopfschütteln erntete.
Das Ganze erscheint mir im Moment noch etwas suspekt. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese neue «mutige» Einstellung halten wird, dass alle Frauen, alle Menschen auf ihre eigene Weise schön und vor allem gut und genügend sind – auch ungeschminkt und mit grauen Haaren.
2 Kommentare
Susanne
18. Oktober 2022 at 15:08Liebe Rita
Ich, jg74, bin eine stolze Trägerin von langen grauen Haaren.. gehöre auch schon immer zur Fraktion „Agua y jabón“
In den letzten 2 1/2 Jahren habe ich meine Haare wachsen lassen und finde nun meine „oma-haare“ ganz toll
Im Migros Stadelhofen hat mir vor kurzem eine Verkäuferin gesagt meine Haare sehen ganz toll aus ❤
Meine Erfahrung zb mit dem Dauerwelle Trend in den ’90-ern ist beim anschauen der alten Fotos doch etwas peinlich.
Gruss Susanne
Rita Angelone
18. Oktober 2022 at 21:40Liebe Susan, so schön, wieder einmal von dir zu lesen! Es ist doch schön, wenn du dich in deiner Haut und deinen Haaren wohl fühlst – das ist doch das Wichtigste! Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und sende dir liebe Grüsse – Rita