Familienleben Kolumne

Kind ist, wenn man überall stört

Eigentlich sollte ich aufhören, im Tram, im Bus oder im Restaurant Gesprächen zu lauschen, die nicht für meine Ohren bestimmt sind, denn sie tun mir nicht gut. Sie kontaminieren mein Hirn mit banalem Schrott wie Modeproblemchen, Beziehungssörgeli oder Ausgangstrübsal oder belasten mein Herz, wenn es undifferenziert um Ausländer oder um Kinder geht. Um Goofen besser gesagt. Um Saugoofen genau genommen:

„Gehst du irgendwo hin an Weihnachten?“ gellt eine wohl schwerhörige ältere Dame ihrem wohl noch schwerhörigerem Gegenüber zu.

„Nein, spinnsch, sicher nicht!“ brüllt dieses zurück. „Weihnachten – das ist nur wenn man ein Kind ist etwas Schönes! Für Kinder ist Weihnachten wirklich schön, ja! Nein, ich bleibe zu Hause! Und weisst du was, ich hätte nie gedacht, dass ich das so geniesse!“

„Ah ja?“

„Ja, aber sicher! Keine Goofen, einfach nichts! Ich sage dir, es gibt nichts Schöneres als Weihnachten alleine zu Hause zu verbringen! Nicht einmal mehr in den Gottesdienst gehe ich an Heiligabend!“

„Ah ja?“

„Aber ganz sicher gehe ich da nicht mehr hin! Seit die so Zeugs für die Goofen machen! Nein also wirklich, das verstehe ich nicht. Den ganzen Gottesdienst haben sie nur noch auf die Saugoofen ausgerichtet.“

„…“

Wie kann ich jetzt an Heiligabend den Familiengottesdienst unbelastet mit den Buben besuchen? Sogar an diesem heiligen Ort und zu einem der schönsten Anlässe im Jahr, wo ich naiverweise dachte, kämen sich die Generationen einen Augenblick lang etwas näher, sind Kinder einfach nur Störfaktoren. Von wegen Weihnachten ist für Kinder etwas Schönes – wenn sie bloss wüssten, was man wirklich über sie sagt…

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20 Kommentare

  • Tanja
    30. November 2011 at 06:12

    Liebe Rita!

    Jaja, ich weiss schon, wieso ich nie in die Kirche gehen und wieso die Bänke immer leerer werden! Leider habe ich auch schon oft gespürt, dass Kinder unerwünscht sind. An Weihnachten gehen wir aber jeweils, weil es für meinen Mann sehr wichtig ist, zum Familiengottesdiesnt. Dann ist die Kirche aber voll, die Schüler gestalten mit und es hat eine Zeichen-und Büechliecke für die Kinder. Die, welche es stört, die können ja in eine andere Messe gehen! Davon gibt es bei uns genug!

  • Himbeeri
    30. November 2011 at 07:49

    Liebe Rita,
    Ich glaub bei uns ist das ein Mentalitätsproblem. Es gibt Orte auf der Welt da dürfen Kinder in der Kirche umher rennen und keiner stört sich daran. Bei uns habe ich schon im Restaurant das Gefühl, fehl am Platz zu sein, dabei sind meine Kinder ziemlich „anständig“. Wenn ich es mir so überlege fallen mir viele Sachen ein wo man in der Schweiz mit Kindern „stört“. Am besten ist wohl sich taub zu stellen und die Zeit da zu verbringen, wo man willkommen ist.
    Grüessli

  • Nicole Vetsch
    30. November 2011 at 07:53

    Ist doch toll das die Dame zu Hause bleibt. Sollte jemand ein Problem mit den Kindern haben, dann soll er die Konfrontation auch meiden. Ich jedenfalls bin froh diese Stänkerer und Nörgeler nicht im Restaurant, Kirche oder sonst wo anzutreffen. Musste in der Umkleide vom Hallenbad auch schon einer netten Dame mitteilen, das sie doch in die Ruhegarderobe soll wenn sie die Kinder nicht verträgt.

  • Rita Angelone
    30. November 2011 at 08:09

    @Tanja: Ich gehe eben auch gerne in den Familiengottesdienst und gerade weil er so schön gestaltet ist – mit Kindern – finde ich ihn wunderschön. Das fand ich auch, als ich noch keine Kinder hatte und das werde ich auch im Alter noch finden.

  • Rita Angelone
    30. November 2011 at 08:11

    @Himbeeri: Ja, es ist sicher ein Stück weit ein Kultur- und Mentalitätsproblem. Es gibt Orte, da habe ich schon Verständnis, das da Kinder eher unpässlich sind. Diese Orte versuche ich auch zu meiden. Doch den Familiengottesdienst hätte ich nicht als solchen Ort betrachtet….

  • Rita Angelone
    30. November 2011 at 08:13

    @Nicole V. : es ist eben tragisch-komisch, dass viele ältere Menschen so werden. Sie regen sich auf über laute Kinder im Tram, reden aber selber am lautesten. Ich finde das ja nicht schlimm, aber wenn sie dann zu stänkern beginnen, dann denke ich mir schon, dass sie halt auch nicht wissen, dass sie auch „stören“ können. Und eben: sie erinnern sich an die schöne Weihnachtszeit als Kinder, haben aber kein Verständnis mehr dafür… Aber wer weiss: vielleicht werden wir alle ein wenig so, weil uns das Leben halt etwas traurig-müde macht.

  • Katharina
    30. November 2011 at 08:24

    Och Rita, Kinder sind ja in besagtem Gottesdienst willkommen, deshalb geht die Frau nicht hin. Lass die doch ihre Weihnachten alleine zuhause vor dem Fernseher verbringen und freu dich über die Freude deiner Kurzen!
    Weihnachten ist ein Familiending und wenn man keine Familie (mehr) hat, tut es einem vielleicht weh, sich in’s Familiengetümmel zu stürzen und man schützt sich vielleicht vor dem Schmerz des Allein seins, indem man so tut, als würde man es wollen. Weisch wi ni meine?

  • Rita Angelone
    30. November 2011 at 08:39

    @Katharina: Ich weiss schon, was du meinst. Und ich vermute auch eine gewisse Traurigkeit hinter solchen Aussagen. Und das macht mich auch traurig, weil ich denke, dass dies uns alle auch ereilen kann und wir mit 80 auch über die Saugoofen wettern. Diesem Gespräch zuzuhören, hat mich sowohl verärgert als auch unendlich traurig gemacht.

  • schtäcketööri.ch
    30. November 2011 at 09:57

    tzzzzzz die Saugoofen aber wüki… immer laut und lärmig und schnudderig und so. Nur gut, dass wir niemals so waren und schon ordentlich und still und leise zur Welt kamen und Knigge gefressen – oh pardon – kredenzt haben.

    jäjo…

    zum Glück darf man wenigstens als Kind seinem Unmut freien Lauf lassen; Manchmal könnt ich im Tram (oder an der Migroskasse oder beim Anziehen oder im Park oder weissichwoauchimmer) auch mich schreiend und keifend auf den Boden schmeissen, weil mir grad so danach ist. Eigentlich wäre dies doch ein gesundes Verhältnis zum inneren Sauhund. Jänu, dafür haben wir ja unsere Kinder, die das grandios und grosszügig für uns übernehmen 😉

    Besinnliche Adventszeit, liebe Rita, das wünsche ich Dir und Deiner entzückenden Familie <3

  • Rösli
    30. November 2011 at 18:26

    ist wirklich traurig sowas zu hören und hab ich auch schon gehört…. und auch das thema kind wird zu fest verwöhnt, oder so:-(
    Aber denk nur an dich und deine Familie, dann geniss es und mach die Ohren zu;-)
    schöne Adventszeit und Glg

  • Andrea Mordasini, Bern
    30. November 2011 at 21:40

    Hoi Rita :)!

    Obschon ich mit meinen Kindern mehr oder weniger positive Erlebnisse mache, merke ich vor allem in der momentan hektischen „heiligen“ Vorweihnachtszeit, dass die Kinder (und deren Eltern) nicht überall gerne gesehen und willkommen sind. Da wird schräg geschaut, wenn man ein etwas nobleres Restaurant betritt, die Augen verdreht, wenn man „es wagt“ zu Stosszeiten mit Kind, Kegel und Kinderwagen die ÖVs zu benutzen. Leider gibt es überall schwarze Schafe, Menschen, welche wohl nie Kind sein durften bzw. glauben, bereits als ruhige, brave, trockene und wohl erzogenen auf die Welt gekommen zu sein und welche Kinder als Lärm- und Störfaktor empfinden. Doch was gibt es Schöneres als fröhliches Kinderlachen und friedlich spielende Kinder? Kinder gehören nun mal in unsere Gesellschaft, in unseren Alltag, in unser Leben. Sie lassen sich nicht einfach „wegzappen“, bloss weil sie einigen Nörglern nicht in den Kram passen! Kinder sind unsere Zukunft, die Gäste und Kunden von morgen und können eine Bereicherung für alle sein – schade und traurig, wollen das einige nicht einsehen… :(. Mit etwas mehr Mit- und Füreinander statt Gegeneinander (nicht nur in der Advents- und Weihnachtszeit) wird das Zusammenleben viel entspannter, friedlicher und harmonischer :).

    In diesem Sinne wünsche ich Euch allen eine besinnliche, frohe, erholsame und möglichst stressfreie Festtagszeit :)!

    Liebe Grüsse

    Andrea 🙂

  • Rita Angelone
    30. November 2011 at 21:51

    @Rösli: Auch Euch eine ganz schöne Adventszeit!

  • Rita Angelone
    30. November 2011 at 21:53

    @Frau Rohner: Wir hören uns ja demnächst noch… aber doch schon: Wir wünschen Euch allen auch eine ganz schöne Zeit!

  • Rita Angelone
    30. November 2011 at 21:56

    @Andrea: Schön, wieder einmal von dir zu hören! Lass also auch du dich nicht stressen und geniesse mit deiner Familie diee kommende Adventszeit in vollen Zügen!

  • Nicole
    30. November 2011 at 23:45

    Ich habe mir angewöhnt, solche Gespräche entweder total zu ignorieren oder dann, wenn ich grad’ in Laune bin, zu kommentieren. Ich hätte den Damen wohl gesagt, dass sie selber störend sind und dass sie auch mal Saugoofen waren. Ich hatte mal ein Erlebnis, als Nando grad’ ein paar Wochen alt war. Da hat ein saudoofer Lastwagenfahrer auf dem Trottoir die Ladetür direkt vor dem Kinderwagen aufgerissen. Ich musste stark bremsen und dann auf die Strasse ausweichen. Ich sagte hässig „Danke“, woraufhin er mich anblaffte, dass ich doch seinen Job machen könne, das sei nicht lustig. Ich habe ihm daraufhin gesagt, dass er froh sein könne, dass ich ein Kind habe, denn dieses Kind würde ihm mal die AHV bezahlen!
    Wir waren gerade letzte Woche mal wieder mit den Kids in einem sehr guten Lokal – und der Chef betonte, wie gerne er Kinder im Restaurant habe. Er hat uns extra den runden Tisch mit der Eckbank gegeben, so dass die Kids auch mal aufstehen konnten, ohne im Lokal den Serviceablauf zu behindern.
    Wir mit Kids sollten öfters mal zusammen was unternehmen – wenn wir dann alle mit Kids irgendwo in einem Lokal oder in einer Kirche oder in einer Ausstellung sind, dann haben wir wohl weniger Hemmungen, als wenn jemand von uns alleine mit seinen Kids unterwegs ist und diese dann etwas lauter sind.

  • Rösli
    1. Dezember 2011 at 16:12

    bei mir auch was ganz krasses gewesen, meine Tochter war 4 Monate alt und musste gestillt werden. Also da ich gerade am See war, ging ich auf die Wiese( Hundewiese) und setzte mich auf die Bank. Da kam eine Frau mit ihren kleinen Hunden und fing an mir zu sagen, dass ich weg muss, sie Wiese gehört nur den hunden. Ich blieb, aber konnten nicht ungestört bleiben, da diese Frau ganz frech war.
    Dabei waren nur ihre Hunde auf der Wiese und ich denke nicht, dass die bank für Hunde dastand;-)
    Mir gings danach nicht gut, hatte Wut im Bauch und verstand die Welt nicht mehr.
    Aber heute finde ich es im Nachhinein zum lachen…..
    Lg

  • Oma Lydia-Sonja
    6. Dezember 2011 at 14:04

    Liebe junge Mütter und Väter,

    Ich möchte euch Mut machen, mit euren Babys, Kleinkindern, Schulkindern und Teenies hinzugehen wohin – und wann – es euch gelüstet, egal was diese Egoisten und Ignoranten aus der „früher war alles besser“ Zeit auch sagen und stänkern mögen.
    Denen fehlt es nicht nur an Empathie, sie haben auch(sehr) frühzeitig ihr Gedächtnis verloren, sonst könnten sie sich sehr wohl an all die unzähligen Dinge erinnern, mit denen auch sie ihren Eltern nicht immer nur eitel Freude, Friede Eierkuchen bereitet hatten.
    Vor allem während Zugfahrten höre ich oft diese stupiden Aussagen wie: „in der heutigen Zeit“ „die heutige Jugend“ usw. usf.

    Das macht mich immer sauer, denn erstens gibt es gar nicht wirklich eine HEUTIGE Zeit, denn dieses Heute gehört schon morgen zu der „guten alten Zeit“! 😉
    Diese dummen Sprüche waren ja schliesslich schon in meiner Kindheit ständig zu hören!! Und ganz gewiss auch schon vor tausend Jahren!

    Mir ist zwar schon bewusst, dass es vieles gibt was negativer abläuft als vor ein paar Jahrzehnten, ABER es gibt eben so vieles (oder gar mehr) was viel besser geworden ist als es vor Jahrzehnten war. Man denke da nur an die Verdingkinder aus dieser „guten alten Zeit“!!! Und an die „Rechte“ die eine Dienstmagd hatte usw. usf.….
    Teenies (früher nannte man sie Backfisch) waren schon immer im Konflikt mit ihren Eltern. Auch wenn diese Konflikte nicht immer so krass waren (weil man ja früher nicht ehrlich seine Meinung sagen durfte), so sind sie dennoch nicht plötzlich (in nur einer Generation) so geworden wie sie nun sind. Diese Veränderung geschah (wie schon immer, und ganz gerecht) nach und nach mit jeder neuer Generation.

    Zudem kann man sich – wenn man nicht zum vornherein diese „ich bin besser“ Miene aufsetzt, ganz wunderbar unterhalten mit diesen – im tiefsten Herzen so wundervollen Teenies.
    Kinder und Jugendliche sind einfach nur (noch) ehrlich und offen in dem was sie sagen.
    Und was Kinder im Allgemeinen betrifft – für mich gibt es keine schönere Musik in die Ohren, als eine, vor Freude schreiende und umher rennende Horde Kinder auf einer Schulreise!  das macht für mich das Reisen im Zug zur wahren Freudenquelle.
    Liebe Grüsse und frohe Weihnachtszeit, Oma Lydia-Sonja Jahrgang 1947
    Kinder sind ein Segen Gottes, Kinder sind unsere Zukunft, sie brauchen Liebe und Anerkennung, das hat nichts mit verwöhnen zu tun.

  • Bionic Hobbit
    6. Dezember 2011 at 19:43

    Liebe Oma Lydia-Sonja Jahrgang 1947,
    das war schoen gesagt/geschrieben und macht echt Mut. Danke.
    Bionic Hobbit, die sich leider zu oft fragt, was die Nachbarn von ihren ueberlauten uebermuetigen drei Goofen halten, und oft vergeblich versucht, diese zu baendigen.

  • Rita Angelone
    6. Dezember 2011 at 20:02

    @Bionic und Oma Lydiy-Sonja: Was du, liebe Bionic, geschrieben hast, ist fast tupfgenau dasselbe, was ich vor ein paar Minuten Oma Lydia-Sonja via e-Mail geschrieben habe! Ich habe mich über den Kommentar und über Bionic’s Antwort drauf sehr gefreut!

  • Oma Lydia-Sonja
    7. Dezember 2011 at 08:13

    Guten Morgen liebe Bionic und Rita
    wie ich Rita soeben auf Ihr Mail antwortete – hat auch ihr mail mir Mut gemacht:-)
    und nun wo ich sehe, dass auch bionic so toll auf meinen spontanen – frisch aus dem Herzen getippten Beitrag reagiert – gibt mir das nochmals Mut, dass ich doch nicht so daneben stehe wie ich mich oft fühle unter all den so „braven“ 0815 Bürgern mit ihren auch noch so schön still dasitzenden Kindern!.

    Meine Kinder waren auch s e h r lebhaft, aber auch e n o r m kreativ, eben ganz wie die Mutter;-) Das alles scheinen meine Enkelbuben zum grössten Teil auch schon geerbt zu haben:-)

    Liebe Grüsse
    Grossmuetti Lydia-Sonja

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