Familienleben Kolumne

Das kontroverse Thema: Sprachlich sterilisiert, weil ich «z Rita» heisse?

Sprachlich sterilisiert, weil ich „z Rita“ genannt werde? Das kann ja wohl nicht wahr sein, oder?

Es gibt ein paar brisante Themen, über die ich schon lange schreiben möchte. Doch weil mich jeweils die Tagesaktualität einholt, lege ich sie dann doch immer wieder zur Seite. Ein solches «heisses Eisen» beschäftigt mich nun aber seit einigen Monaten. Höchste Zeit, darüber zu schreiben.
Letzten März stand im Mamablog des «Tages-Anzeigers», dass eine Mutter «das Mami» zu nennen einer Sterilisation der Frau gleichkomme. Zumindest sprachlich. Durch das Verwenden des sachlichen Artikels «das» erfahre die Frau eine Geschlechtsumwandlung. Jedenfalls auf grammatikalischer Ebene. Verbal versächlicht und verniedlicht werde die Frau dadurch. Klar handle es sich dabei nur um eine sprachliche Konvention, so die Verfasserin des Beitrags. Aber die Sprache beeinflusse doch auch unser Denken. Was soll denn «das Mami» über das hierzulande vorherrschende Mutterbild aussagen? Schwinge da nicht ein Teilverlust der eigenen Identität mit, ein gar umfassender Verzicht auf Autonomie und Autorität?

Meine Güte, sehen wir jetzt sogar in einem so kleinen Wörtli wie einem  D a s  ein Hindernis für die totale Emanzipation von Frauen? Was für ein unemanzipiertes, sterilisiertes, schwaches Neutrum müsste ich denn sein, wenn ich als Glarnerin zeitlebens «z Rita» genannt wurde? Anders als die Autorin des Textes bekomme ich keine «stressbedingten Gebärmutterkontraktionen», wenn ich öffentlich zum Rita gemacht werde. Genauso wenig wie «z Vreni» und «z Brigä» und viele andere Glarnerinnen auch. Im Gegenteil: Ich betrachte diese Anredeform als eine kulturelle Besonderheit innerhalb der Vielfalt der Schweizer Dialekte, die ich hier in Zürich sogar vermisse, wenn man mich «d Rita» nennt. Der (Schweizer!) Autorin ist diese Besonderheit wohl unbekannt.

Natürlich ist es nicht irrelevant, wie wir uns ausdrücken. Doch daraus wieder eines dieser an den Haaren herbeigezogenen Frauenthemen zu machen, das hingegen verursacht dann bei mir gewisse Kontraktionen.

immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich

Was meint ihr dazu?

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4 Kommentare

  • Susanna Imfeld
    26. September 2018 at 09:12

    Sie sprechen mir aus der Seele! Wie penibel muss man sein um das liebevolle Wort Mami als persönliche Beleidigung zu empfinden?
    Ich empfinde die Schweizerdialekte immer wieder als wohltuend . Da gibt es Worte die in keinem Lexikon zu finden sind. Ein Mami ist auch ein Mensch , wer dies als Beleidigung empfindet kann sich nicht als Mueti akzeptieren. Traurig

  • Rita Angelone
    26. September 2018 at 09:24

    Liebe Frau Imfeld, ich danke Ihnen für Ihre Rückmldung! Wie ich in der Kolumne schreibe, bin ich schon der Meinung, dass wir auf unsere Sprache und Wortwahl achten müssen. Dass es natürlich nicht irrelevant ist, wie wir reden. Doch wie immer gibt es einfach Grenzen, oder einen Mittelweg, oder gesunder Menschenverstand. Wie auch immer wir es nennen wollen. Unsere Mundart ist sicher nicht der Grund für irgendwelch möglichen, an den Haaren herbei gezogenen Frauenprobleme. Das ist meine persönliche Meinung. Ihnen wünsche ich einen ganz schönen Herbsttag und ich grüsse Sie herzlich!

  • Katharina (Mama hat jetzt keine Zeit)
    26. September 2018 at 19:55

    Nur weil das „DAS“ andere Frauen nicht stört, muss es mich nicht nicht stören.
    Oder anders gesagt: Ich verbitte mir vehement, mit DAS angesprochen zu werden. Weder DAS Katharina noch DAS Mami oder DAS Mueti akzeptiere ich.
    Es geht bei der Diskussion nämlich nicht um eine Frage der Grammatik, sondern um eine Frage des Respekts.

  • Ruth Obrist
    27. September 2018 at 10:18

    Ganz Ihrer Meinung, Rita Angelones.
    Ich bin sehr für sprachliche Gleichberechtigung. Und es gibt keine Entschuldigung gegen diese, wie beispielsweise, aus Bequemlichkeit nur die männliche Form zu verwenden und die weibliche gnädigst „mitzumeinen“.
    Aber gewisse feministische „Gender“-Forderungen finde ich oft nur abstossend.
    Es gibt in verschiedenen Schweizerdialekten die sächliche Bezeichnung für Namen. Es gehört zu diesen Dialekten.
    I

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