Die Credit Suisse hat mit ihrem Smart Working Konzept arbeitstechnisch einen Meilenstein gesetzt: Im Üetlihof, im neuen Bürohochhaus am Fusse des Üetlibergs, wird jetzt nach den Regeln eines klassischen Kinderspiels gearbeitet: es stehen weniger Stühle zur Verfügung als Kinder mitspielen wollen.
In diesem zukunftsweisenden Arbeitskonzept der Grossbank hat es keinen Platz mehr für persönliche Schreibtische. Alle Mitarbeitenden suchen sich jeden Tag immer wieder aufs Neue einen freien Arbeitsplatz. Damits auch schön spannend bleibt, stehen für 2500 Mitarbeitende neu nur noch 2000 Arbeitsplätze zur Verfügung.
Ganz so schlimm muss man sich aber den Run auf die verfügbaren Arbeitsplätze aber wohl doch nicht vorstellen. Schliesslich ist es erwiesen, dass eh nie alle Mitarbeitenden gleichzeitig zur Arbeit erscheinen: Die einen sind auf Geschäftsreise, die anderen im Militär und dann gibt es ja noch haufenweise (wohl Mütter), die entweder ihren Mutterschaftsurlaub geniessen, bei ihren kranken Kindern zu Hause bleiben müssen, vielleicht sogar einmal selber krank werden und ohnehin nur Teilzeit arbeiten.
Blöd nur, wenn man als Mutter zwischendurch doch mal am Arbeitsplatz erscheinen sollte. Denn da man diesen – wenn überhaupt – erst kurz vor 9 Uhr erreicht, sind die Arbeitsplätze längst durch diejenigen Frühaufsteher besetzt, die entweder über keine Kinder verfügen oder aber über eine Frau, die ihnen zu Hause den Rücken frei hält.
Handkehrum: Kommen Mütter zu spät zur Arbeit, um einen konventionellen Arbeitsplatz zu finden, haben sie ja nun die Lizenz, es sich in der Gartenlounge bequem zu machen! Bloss ihre Kinder sollten Mütter auch künftig nicht an ihre zukunftsweisenden Arbeitsplätze mitnehmen, denn anders als bei Google hat die Credit Suisse auf eine hausinterne Rutschbahn verzichtet. Und auch eine stillfreundliche Büroecke stellt trotz aller Innovation noch Wunschdenken dar.
mittwochs immer im Tagblatt der Stadt Zürich
Kennt jemand von Euch Smart Working Konzepte aus eigener Erfahrung? Wenn ja, wie funktionieren sie wirklich in der Praxis? Wenn nein, was hält Ihr spontan davon? Und wie müsste aus Elternsicht ein Smart Working Konzept aussehen?
2 Kommentare
Nicole
28. März 2012 at 23:05Bei der CS gibt es also auch Papis, die manchmal erst um 9 Uhr im Büro erscheinen, weil sie mit ihrem Grossen bis 8 Uhr warten müssen, bis der Kiga aufmacht….. 😉 Joachim ist da übrigens bei weitem nicht allein. Und als ich gestern zu einem Kurs ging und morgens um 9 Uhr in der S-Bahn nach Altstetten war, da habe ich gemerkt, dass ganz viele (Frauen und Männer) offenbar eher spät ins Büro gehen….
Ich appeliere (einmal mehr in diesen Tagen….) an dich, nicht in den gängigen Klischees zu denken. Wenn wir Frauen nicht ganz selbstverständlich davon ausgehen, dass alle Familienthemen eben ELTEN-Themen und keine MAMI-Themen sind, dann ändern wir vielleicht mal was….
Aber zum Thema selber: Bei der CS haben sie Smart Working schon in einem anderen Gebäude, und es hat sich offenbar bewährt. Ich arbeite eh papierlos, und mir ist es ziemlich egal, ob ich zuhause arbeite oder irgendwo im Büro. Wechselnde Arbeitsplätze haben den Vorteil, dass zwischen den Mitarbeitenden mehr Austausch stattfindet. In unserer Firma planen sie bei einem Neubau auch ein Smartworking-Konzept mit weniger Arbeitsplätzen als Mitarbeitenden. Ich finde das richtig. Lieber das gesparte Geld dann dafür ausgeben, den Mitarbeitenden Kurse zu bezahlen oder ihnen z.B. Gratis-Äpfel zum Znüni hinzustellen. Das gibt es bei uns im Winter z.B. jeden Mittwoch.
Nicole
29. März 2012 at 09:54Und übrigens – ein Teil der Smartworking-Konzepte beinhaltet auch immer die vermehrten Homeworking-Möglichkeiten. Und das ist doch wirklich sehr familienfreundlich!