Familienleben Kolumne

Wie man in den Wald ruft…

"Ehrlich gesagt, kann ich das überall machen - nicht nur in der Küche!" - Bild: Angels Book

Als der Grosse das Unwort erstmals aussprach, tat ich es als entwicklungs-bedingte, vorübergehende und deshalb nicht weiter besorgniserregende Sprachstörung ab.

Da es nun der Kleine auch verwendet, realisiere ich, dass es sich um viel mehr handeln muss, um ein ernsthaftes Problem sogar, dessen Ursprung ich in einem tief verankerten, wenn nicht sogar naturgegebenen patriarchalischen Familienbild vermute: meine Betitelung innerhalb der Familie lautet seit einiger Zeit nämlich „Pama“.

Egal in welcher Situation – jede an mich gerichtete Äusserung beginnt mit dieser allessagenden Wortkreation. Die Sache wird auch dadurch nicht besser, dass dieser freudsche Versprecher von einem verschämten Blick der Buben gefolgt wird, sobald sie realisieren, dass statt dem Papi dummerweise die Mamma vor ihnen steht und es ihnen nur knapp gelungen ist, die Kurve noch zu kriegen, indem sie die angefangene Anrede statt vorzugsweise mit einem „pi“ notwendigerweise mit einem „ma“ beendet haben. Deutlicher könnte mein Platz auf der Beliebtheitsskala der Buben nicht zum Ausdruck gebracht werden.

Nur an einem einzigen Ort ist ihnen dieser sprachliche Fauxpas noch nie passiert: in der Küche. Egal aus welcher Ecke die Buben gestürmt kommen, immer erschallt ein zuckersüsses und eindeutiges „Mamma“ lange bevor sie sehen können, ob ich überhaupt da bin.

Um dem zugrundeliegenden Rollenmissverständnis ein Ende zu setzen und mich innerhalb der Familie neu zu positionieren, sehe ich nur einen einzigen Weg: Ich werde mich nächstens in die Küche setzen, die Füsse auf den Tisch stellen, mich leger nach hinten lehnen, ein Heftli aufschlagen und dazu einen Prosecco trinken.

Wenn dann die Buben vom Hunger getrieben und „MAMMA, was gits z Nacht?“ fragend die Küche stürmen, werde ich süffisant lächeln und zuckersüss zur Antwort geben: „Fraget doch eifach de Mampi…“

Tja, meine Lieben, wie man in den Wald ruft, so schallt es eben heraus!

mittwochs immer im Tagblatt der Stadt Zürich

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