Familienleben Kolumne

Wer zahlt, befiehlt!

"Wenn ihr so weiter macht, schreibe ich da überall MAMMA rein!" - Bild: Angels Book

Neulich philosophierten Studenten über die Weltarmut einerseits und über den Reichtum einzelner andererseits. Ihrer Logik nach reichte die Summe allen Geldes, um nicht nur die Verarmung zu bekämpfen, sondern um darüber hinaus auch sinnvolle Investitionen zu tätigen.

Die Jünglinge mögen theoretisch recht haben, in der Realität haben sie aber die Rechnung ohne den kapitalistischen Egoismus gemacht. Eine der Grundlagen des Kapitalismus ist nämlich die Eigentumsordnung, welche die freie Verfügung über das Privateigentum schützt, sprich: jeder bestimmt selber, was er mit seinem Hab und Gut macht.

So wollte ich der Frage nachgehen, ob Egoismus angeboren oder anerzogen sei. Während ich die These vertrat, Egoismus müsse angeboren sein, ansonsten ein Individuum nicht überleben könne, vertrat das Familienoberhaupt die Meinung, dass dieser eventuell im Ansatz angeboren, aber vor allem anerzogen sei.

Um seine Behauptung zu stützen, bringt er vor, wie oft Kinder mit Eigentumsverhältnissen konfrontiert werden: Schon in der Krippe wird jede Habseligkeit akribisch mit Namen versehen, auf dass jedem klar ist, wem welche Effekten gehören. Aus hygienischen Gründen lernen sie, nur die eigenen Schnudertüechli zu benützen, die Zahnbürsten ja nicht zu vertauschen und keinesfalls aus einem gemeinsamen besabberten Becher zu trinken. Werden sie beschenkt, wird ihnen sofort eingebläut, jedes habe nun sein ganz eigenes Präsent. Von Teilen ist keine Rede, sondern nur von „Achte auf DEINE Sachen!“ Der Beweise nicht genug, zeigt er mir ein Büchlein der Buben, auf dessen innere Klappe „Dieses Buch gehört:“ steht.

Als sich später die Buben ausgerechnet um dieses eine Büchlein streiten und einander mit „Mis!“ – „Nei, mis!“ anschreien, schreite ich ein: „Wänn scho, dänn isches MIS – ICH hans kauft, mit MIM Gäld und nur ICH entscheidä drum, was mit dem Büechli isch!“

Egoismus scheint sehr wohl anerzogen und ziemlich kapitalistisch gefärbt zu sein.

mittwochs immer im Tagblatt der Stadt Zürich

Lesen Sie auch den Buchtipp zu „Meins – Nein, meins!

Dies koennte dir ebenfalls gefallen

1 Kommentar

  • StefanB
    26. November 2010 at 12:33

    Sowohl Egoismus („das isch miis!“) als auch Altruismus, also Teilen mit Bedürftigen, ist in jedem Menschen von Geburt an angelegt: Kinder teilen mit ihren Gspänli gerne, wenn sie sehen, dass dieses nun etwas braucht – aber natürlich nur, wenn sie es im Moment selbst nicht brauchen können oder wollen.

Hinterlasse eine Nachricht

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.