Simone Meier, Kulturredaktorin des Tages-Anzeigers, Buchautorin und Kolumnistin führt die Bühne frei – Serie weiter und erzählt, wie sie in einer ihrer genau zwei Mal vorgekommenen heterosexuellen Phasen fast ein Kind per Post nach Berlin geschickt hätte…!
„Ihr Lieben, also, die Frau Angelone vom Familienblog hat mich sehr lieb gefragt, ob ich für sie schreibe, und ich dachte, klar, Blogger sind eh cool, logisch, aber das war so vor acht oder auch siebenundzwanzig Wochen, und in all der Zeit habe ich versucht, familienblogtechnisch zu denken, aber das ging nicht. Weil ich ja die letzte Frau bin – ausser meiner Frau -, die schon seit sie denken kann, sagt: „Ich will ganz sicher nie Kinder.“
Also, ich finde, Kinder soll man gut behandeln, weil sie Menschen sind, und auch gut behüten, weil sie ja einfach viel länger brauchen als kleine Tiere, bis sie flügge sind. Und ja, ich komme gut mit Kindern zurecht, besonders mit Mädchen, weil ich denen zeigen kann, wie man unter Google-Bild nützliches Anschauungsmaterial zu Themen wie „Royal Wedding“ oder „Schmuck“ findet. Okay, ich habe auch einem Buben schon sehr zum Thema „Cadillac“ und „Feuerwehrauto“ geholfen, es war dies für uns beide ein grosser Erfolgsmoment.
Aber Kinder haben oder gar bekommen, das hat mir für mich nie eingeleuchtet. „Das ist doch ganz natürlich!“ sagen dann meine Freunde, „du kriegst aus einem Hetero den Kinderwunsch nicht raus, das ist gegen deren Natur!“ I know! Ich schwöre, früher, als ich mal genau zwei heterosexuelle Phasen hatte, da habe ich jeden Mann, der mir mit einem Kinderwunsch kam, sofort verlassen. Und nächtelang lag ich wach und zitterte, weil ich dachte: „Ogott, ich geh bald auf die 40 zu, kommt jetzt etwa die biologische Uhr? Wie so ein Fallbeil?“
Sie kam zum Glück nicht. Keine Sekunde lang hat sie in mir getickt. Und auch keine „Will ich auch haben!“-Hysterie angesichts hammerherziger Babys. Als Teenager habe ich mich geweigert, Kinder in der Nachbarschaft zu hüten. Lieber ging ich in die Fabrik und bohrte Augen in Kinderspielzeugtiere. Und einmal träumte ich, ich wäre schwanger von meinem Lieblings-Ex aus Berlin, und im Traum rief ich ihn an und sagte: „Du, ich bring bald dieses Kind zur Welt, das ist schon okay, aber danach schick ich’s dir, du kannst das besser.“ Und er sagte: „Ja, das stimmt!“
Abgesehen von alledem habe ich mich aber über die Jahre tiptop mit den Kindern anderer arrangiert und fremde auch nicht mehr. Obwohl mir das Mutter-Gen ganz offensichtlich fehlt.Und mehr kommt mir jetzt zum Thema Familienblog wirklich nicht in den Sinn.“
Wie kann es sein, dass es Mütter gibt, die auch mal sagten „Ich will ganz sicher nie Kinder“ und plötzich haben sie dann doch Familie? Ist es wirklich das Mutter-Gen? Gibts das wirklich? Oder werden Mütter bisweilen auch aus ganz anderen Gründen Mütter, ohne jemals die biologische Uhr ticken gehört zu haben?
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6 Kommentare
Erica
27. August 2011 at 07:54Also, ich konnte auch ganz lange, nichts mit Kindern anfangen, und schon gar nicht mit der Idee, welche zu haben. Die biologische Uhr habe ich auch nicht ticken gehört. Einfach, weil ich bisher nie richtig realisiert habe, dass ich älter werde. In meinem Kopf bin ich irgendwie immer gleich alt. Gefühlt so zwischen 25 und 35. Aber wenn ich mir all die Mütter ansah, die – trotz vielem Klagen – sowas wie glücklich verliebt schienen, wenn sie über ihre Kinder erzählten, dann beschlich mich immer öfter der Gedanke „du wirst nie wissen, wie das ist – willst du es wirklich nie wissen?“. Tja, irgendwann, wohl gerade noch „in time“ war ich dann einfach doch zu neugierig. Und jetzt klage ich auch schon viel, obwohl mein Sohn erst gerade gekommen ist, aber ich muss auch viel lachen und ich weiss genau, es war richtig.
Rita Angelone
27. August 2011 at 10:54Ja, ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen – es war fast mehr eine Art Neugier. Und jetzt, bei allem Klagen, kann man es sich nicht mehr anders vorstellen und könnte man alles rückgängig machen, würde eben „etwas“ fehlen. Obwohl es so schwierig ist, genau zu erklären, WAS genau fehlen würde. Und eben DAS machte damals neugierig. Ist ja schon eigenartig alles…
Katharina
27. August 2011 at 20:40Oh absolut, ich wollte nie Kinder. Oder ämel nicht grad jetzt. Nächstes Jahr vielleicht oder übernächstes. Und dann fing Mann plötzlich an zu rechnen und meinte: „Jetzt sollten wir aber langsam, sonst sind deine Eierstöcke versteinert“. Tja, und bald darauf schossen die geilen Hormone ein, die besser sind als jede Droge….
Genetisch ist’s nicht, aber biochemisch schon würd‘ ich jetzt einfach mal so behaupten.
Rita Angelone
27. August 2011 at 21:06Das Mutter-Gen oder der biochemische Mutterwunsch – was auch immer – ist bei mir genau dann spürbar geworden, als ich mich – aus welchem Grund auch immer – entschieden hatte, schwanger werden zu wollen. Ab diesem Moment veränderte sich alles. Aber das war NACH dem Entscheid.
Lorelai
28. August 2011 at 19:07Rita Angelone
28. August 2011 at 19:31🙂