Familienleben Kolumne

Von der Theorie zur Praxis

Kinder im Alter unseres Grossen entwickeln einen Hang zu Abstraktem. So ist derzeit unser Sofa ein Flugzeug und mein alter Taschenrechner ein Navigationssystem.

Auch beginnen Kinder in diesem Alter, soziale Spiele zu imaginieren wie etwa: «Wir sind eine Schneemannfamilie.» Man darf sich nicht wundern, wenn dabei die Eltern die Rolle der hilflosen Schneemannkinder einnehmen und das Kind diejenige des Schneemannvaters.

Es sei sehr wichtig, diese Fantasie zu fördern. Am besten könne man diese beflügeln, wenn man Kindern Geschichten vorlese. Das ist Musik in meinen Ohren, denn das Geschichtenlesen gehört zu unseren Lieblingsritualen.

Nachdem wir uns den ganzen Dezember lang mehr als eingehend mit der Weihnachtsgeschichte befasst haben, habe ich den Fokus im Januar auf das italienische Märchen schlechthin gelegt: «Pinocchio», den Holzbuben, der immer auf Abwege gerät. Wie herrlich, dem Grossen allabendlich unter dem Deckmantel der Gutenachtgeschichte eine Lektion in gutem Benehmen zu erteilen!

Bereits nach wenigen Abenden hatte er dieses Märchen intus, und seither hat er uns allen eine Rolle zugeteilt: Der wehrlose Kleine muss Pinocchios Part übernehmen, das Familienoberhaupt ist der brummlige, aber herzensgute Puppenspieler Mangiafuoco, ich darf zu meinem Erstaunen die sanfte türkisblaue Fee sein, und er, er sieht sich als niemand Geringeren als Spiderman!

Was läuft hier falsch? Habe ich ihm zu viele Geschichten zugemutet, seine Fantasie zu stark beflügelt? Kommt er noch draus, wer wer ist und was am Ende Realität ist?

«Papi», fragte er kürzlich während einer Fahrt, «wieso pupt ds Navi di ganz Zyt?» – «Weisch, es meint, ich faari z gschwind», flunkert das Familienoberhaupt, «aber es stimmt aso nöd.» – «Ah ja? Ich gsee aber, wie dini Nase wachsd!»

Keine Angst also, er „checkt de Pöck“ durchaus. Zu gut sogar.

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