Wenn Kinder nicht mehr mitkommen wollen
«Ich komme nicht mit!»
Der Grosse
Ahje – ich wusste, dass dieser Satz einmal fallen würde. Und jetzt sprach er ihn aus, der Grosse. Der Zeitpunkt überraschte mich und erwischte mich – einmal mehr – auf dem falschen Fuss. Hatten wir uns nicht alle so sehr auf dieses verlängerte Familien-Wochenende im Tessin gefreut?
Welche Pläne haben Vorrang?
«Am Sonntag habe ich das Turnierfinale!»
Der Grosse
Die Auszeit hatten wir vor Monaten abgemacht, und bei uns galt bisher die Regel: Wenn wir als Familie etwas abmachen, später aber andere Termine reintrudeln, so haben unsere Pläne erste Priorität. Hatten wir bisher die wenigen Terminkonflikte immer lösen können, spürte ich dieses Mal sofort, dass dieser Fall anders war. War es bei mir nicht auch so? Wollte ich nicht auch von einem Tag auf den anderen lieber zu Hause bleiben und mit meinen Freundinnen etwas machen?
Mehr als nur eine Terminkollision
«Du wirst noch an so vielen Turnieren teilnehmen können, aber wie viele gemeinsame Ferien bleiben uns noch?», versuchte ich, die Terminkollision, aber vor allem den Interessenkonflikt zu verharmlosen. Dabei fühlte ich einen tiefen Schmerz in meiner Brust: Ja, wie viele gemeinsame Ferien, Auszeiten und Reisen sind uns noch gegönnt? Es scheint mir, dass wir unsere Familie erst grad gegründet haben. Und haben wir in all den Jahren unsere Familienbande nicht genau wegen der so vielen gemeinsam verbrachten Freizeit so festigen können? Sollte ausgerechnet an diesem Wochenende Schluss sein damit?
Das Loslassen lernen
Es ist noch einmal glimpflich ausgegangen. Der Grosse hat eingelenkt und sich für die gemeinsame Familienreise ins Tessin entschieden. Für die Sommerferien hat er sich aber bereits für ein zweiwöchiges Pfadi-Lager angemeldet. Die Phase des gegenseitigen Loslassens hat in der Casa Angelone nun definitiv begonnen . . .
Kennt ihr solche Situationen? Wie geht ihr damit um? Wie einfach fällt euch das Loslassen?
Was wir an diesem Wochenende im Tessin erlebt haben, findet ihr in unserem Beitrag:
- Familienwochenende im Tessin: Unsere Wanderung im Muggiotal
- Familienwochenende im Tessin: Der Foxtrail in Lugano
Weitere spannende und witzige Beiträge passend zum Thema:
- Pubertät und Metamorphosen
- (Familien-)Leben in einer WG
- Pubertät ist, wenn die Welt Kopf steht
- Vorpubertät – wenn das Kind weder Fisch noch Vogel ist
- Direttissima Richtung Pubertät
- Warnsignal Türschild: Zimmer betreten auf eigene Gefahr
- Das erste Klassenlager: Vom Grösserwerden und Loslassen
Und viele weitere Beiträge passend zum Thema Aufklärung findet ihr in der Rubrik Teenager und Pubertät!
5 Kommentare
Tamara Gerber
18. April 2019 at 13:01Unser Grosser (und gleichzeitig Einziger) spielt Eishockey. Seine Teilnahme an Spielen und Turnieren erfahren wir im besten Fall 10-14 Tage, realistischerweise jedoch erst 5-6 Tage im voraus. Heisst für uns, abgesehen von jährlichen Familienferien machen wir schon gar keine langfristigen Pläne.
Bezüglich Loslassen… Da er ein Einzelkind ist, habe ich es immer als besonders wichtig angeschaut, dass er genug Zeit ausser Haus verbringt, um mit seinen Freunden etwas zu erleben. Ich freue mich für ihn und bin immer froh, wenn er gesund und fröhlich wieder heim kommt.
Ich selber hätte als Jugendliche gern mehr Freiraum gehabt, deshalb schaue ich es als meine Aufgabe an, ihm gesunden Menschenverstand und Kreativität auf den Weg zu geben, dass er gute Entscheidungen trifft.
Ruth Obrist
20. April 2019 at 11:30Gottseidank ist es noch einmal glimpflich ausgegangen!
Loslassen ist Abschied. Abschied ist Schmerz. Ich mag es nicht! Es muss mir das auch niemand schönreden. Aber es bleibt einem im Leben gar nichts anderes übrig. Man spürt es ja immer wieder. Selbst die ersten Schritte eines Kindes sind eine grosse Freude und gleichzeitig schon ein kleiner Abschied vom Säugling. Die ersten Wörter, ganze Sätzchen, Kindergarten, Schule, Ausbildung, sie fliegen aus…… Wenn man Glück hat, darf man es noch einmal miterleben mit Enkelkindern.
Rita Angelone
23. April 2019 at 15:56Liebe Frau Obrist, Sie sagen es: Abschied ist Schmerz. Und ich mag Schmerz ganz und gar nicht. Es ist schön zu lesen, dass es anderen ähnlich ging bzw. immer noch geht… Schön, wenn Sie das Glück haben, viele schöne Momente mit Ihren Enkeln zu geniessen! Herzlichst, Rita Angelone
Mama mal 3
12. November 2019 at 14:40Du hast Glück! Bei uns kommt diese Phase jetzt schon bzw. ist in vollem Gange! 🙁 Unser Grosser ist einfach am liebsten zuhause bei seinen Lego. Längere Spaziergänge oder gar Wanderungen wie wir sie gerne unternehmen, sind nichts für ihn. Wir wollten ihn nicht zwingen, aber auch nicht jedes mal zuhause sitzen, also war der einzige Weg tatsächlich, ohne ihn zu gehen. Das machen wir jetzt zwangsläufig regelmässig so, obwohl wir ganz oft nochmal fragen, ob er sicher nicht mit wolle… Ab und zu überrascht er uns und kommt mir, aber dann ist es eher weil wir z.B. in den Zoo gehen… mal sehen, wie das noch wird, aber es schmerzt tatsächlich sehr, nicht mehr als komplette Familie unterwegs zu sein…
Rita Angelone
12. November 2019 at 16:19Liebe Tamara, seit diesem Beitrag ist wieder viel Zeit vergangen und das Loslassen geht in grossen Schritten weiter…! Mit dem Übertritt ins Gymi hat der Grosse jetzt erst recht eine „Legitimation“, um am Wochenende nur noch zu „ruhen“. Dass wir mit dem Übertritt ins Gymi und vor allem während der Probezeit nicht mehr ganz so aktiv sein würden wie vorher, das wussten wir und das haben wir auch so eingeplant. Dass wir nun Wochenende für Wochenende nichts mehr tun…. damit komme ich nicht ganz klar. Mal sehen, wie das wird, wenn der Schnee kommt. Skipiste oder Bett? Ich bin ja gespannt. Und ja, längerfristig wird es natürlich schon so sein, dass wir je länger je häufiger halt unterschiedliche Programme haben werden und jeder irgendwann seinen eigenen Weg geht 🙁