Italien – Fakten und Vorurteile
Wie alle Länder ist auch Italien äusserst klischeebehaftet. Vielen dieser Klischees habe ich mittlerweile mit meinen ernüchternden Erzählungen aus dem italienischen Alltag den Garaus gemacht, aber andere sind sehr stark in den Köpfen verankert und einige entsprechen auch ganz einfach der Wahrheit.
Italiener: Chaotisch, faul und laut?
Italien ist ein chaotisches Land, das stimmt, und das lest ihr auch immer wieder in meinen Beiträgen. Auch sitzen die Italiener manchmal auf der faulen Haut und setzen sich für jeden Meter, den sie zurücklegen müssten, um etwas zu besorgen, ins Auto. Aber nicht immer! Das Bewusstsein für die Gesundheit hat sich auch hierzulande durchgesetzt, so habe ich kürzlich gelesen, dass Italien die grösste Anzahl an über 100jährigen Stiefelbewohnern vorweisen kann, was nicht zuletzt auf die „dieta mediterranea“, also den mediterranen Ernährungsstil, zurückzuführen ist, mit den Zutaten Pasta, Brot, Früchte, Gemüse, Fleisch, kaltgepresstem Olivenöl und einem feinen Gläschen Rotwein. Es stimmt, in Italien isst man gut. Und, wie unterdessen ebenfalls bekannt ist, hat das Essen einen höheren Stellenwert als anderswo. In Italien verhungere man nicht, sagt man.
Etwas Schweiz auch in Italien
Zudem stosse ich überraschenderweise immer wieder auf Leute, die gleich ticken wie ich. Etwa jene, die die Kinder früh ins Bett bringen (der Feierabend lässt grüssen! Aber wusstet ihr, dass das Wort „Feierabend“ im italienischen Wortschatz gar nicht existiert?) oder die den Fernseher während den Mahlzeiten ebenfalls ausgeschaltet lassen.
Zwischen Dolce Vita und Arbeitslosigkeit
„Dolce Vita“ gehört wohl immer noch zum Flair Italiens, denn das Volk ist laut und lustig, was aber keinesfalls bedeutet, dass es arbeitsscheu wäre. Auch die hohe Arbeitslosenquote müsste man genauer unter die Lupe nehmen, um zu verstehen, mit was für einem zeitgenössischen Phänomen man es zu tun hat. Und es vor allem mit der Proportionalität des Landes vergleichen. Denn Italien ist ein grosses Land und so viele Quadratkilometer sauber und unter Kontrolle zu halten, ist nun mal fast ein Ding der Unmöglichkeit.
Die Sonne im Herzen – auch wenn, es regnet
Tatsache ist: Der Charme Italiens ist noch längst nicht erloschen. So schwärmte auch eine Schweizer Kunsthistorikerin in einem Interview, das ich kürzlich mit ihr machte, von den Vorzügen des Belpaese: „Nach 17 Jahren Berlin geniesse ich es sehr, im Süden zu wohnen, das Klima ist wärmer, das Licht heller, das Essen besser und die allgemeine Lebensqualität höher.“ Das Klima ist ebenfalls ein Pluspunkt für Italien: Der Sommer dauert hier länger, aber es gibt auch Wochen, während denen es praktisch ununterbrochen regnet und Temperaturstürze, wie dies etwa im Mai der Fall war, als man immer noch mit Wollpulli rumlaufen und die Heizung aufdrehen musste. Dafür kann man auch noch Ende Oktober einen Sprung ins Meer wagen.
Italien – das Land der (Über-)Lebenskünstler
Klima, Essen und Dolce Vita machen halt doch eine gute Lebensqualität aus – wer hat nicht das Bild von kaffeetrinkenden Gästen in einer Bar und aufgeregt tratschenden Senioren auf der Parkbank vor dem inneren Auge? Italien lebt und sprüht Lebensfreude aus allen Facetten. Da rücken von Unkraut überwachsene Trottoirs und bröckelnde Häuserfassaden schnell mal in den Hintergrund, nicht?
Welche Italien-Klischees kennt ihr? Haben sie sich bewahrheitet?
Sarah Coppola-Weber ist gebürtige Ostschweizerin mit italienischem Pass. Sie lebt mit einem neapolitanischen Ehemann, zwei Töchtern (17 und 14) und einem Sohn (10) seit 18 Jahren in der Nähe von La Spezia. Für “Die Angelones” schreibt die ausgebildete Doula über Familien -, Gesundheits- und Ernährungsthemen sowie Themen, die Eltern den Alltag mit ihren Sprösslingen erleichtern und lässt dabei die LeserInnen am facettenreichen italienischen Alltag teilhaben, wo der Ausnahmezustand oft an der Tagesordnung und von „dolce far niente“ keine Spur ist!
Mehr über Sarah und ihre Familie erfahrt ihr in im spannenden Interview, das wir mit ihr führen durften!
Sarahs bisher erschienenen Beiträge könnt ihr hier nachlesen:
Aus dem Leben einer Doula:
- Der weibliche Zyklus ist immer noch ein Tabu-Thema
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- Unschöne Überraschungen im Belpaese
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