Gelassen durch den Familienalltag
Vertrauen wir unseren Kindern und in ihre Fähigkeiten, finden wir zu mehr Gelassenheit im Alltag. Was es nebst der Bereitschaft für einen Perspektivenwechsel und der Auseinandersetzung mit uns selbst benötigt, weiss Elternbildnerin und Bloggerin Corina. Sie verrät uns in einem spannenden Gespräch, mit welchen Herausforderungen sich Eltern heute beschäftigen, welche Ziele sie mit ihren Kursen „Starke Eltern, starke Kinder“ verfolgt und weshalb gewaltfreie Erziehung im Gesetz verankert werden sollte.
Anleitende Erziehung
Die Elternkurse „Starke Eltern, starke Kinder“, die Corina anbietet, basieren auf der Grundlage der anleitenden Erziehung. Diese grenzt sich einerseits vom autoritären Erziehungsstil ab, bei dem Eltern über ihre Kinder bestimmen und andererseits vom Laisser-faire-Erziehungsstil, bei dem Eltern ihren Kindern keine Regeln und Grenzen vorgeben. Sie zeigen Eltern Strategien auf, wie mit schwierigen Situationen in der Familie umgegangen werden kann und wie
eine Veränderung in der Kommunikation den gesamten Alltag beeinflussen kann.
Corina ist Mutter eines Sohnes im Alter von 5 Jahren und ausgebildete Fachfrau Betreuung. Ihr fachliches Wissen als Mitarbeiterin in einer Kita und ihre Erfahrung als Mami gibt sie als Kinderschutz Schweiz Elternbildnerin in ihren Kursen Starke Eltern – starke Kinder sowie auf ihrem Blog Mama kann das an interessierte Eltern weiter.
Liebe Corina, Du bist Kinderschutz Schweiz Elternbildnerin – was dürfen wir uns darunter vorstellen?
In meinen 10-stündigen Elternkursen vermittle ich den Eltern das Konzept der anleitenden Erziehung und wie sie diese im Alltag umsetzen können. Die Grundlagen dazu wurden vom Kinderschutz Schweiz erarbeitet.
Eltern sein ist schön und kann auch erfüllen, gleichzeitig ist es aber auch unglaublich herausfordernd. In den Kursen zeige ich auf, wie Eltern mit eben diesen Herausforderungen umgehen und dem Familienalltag selbstbewusst und gelassen gegenüber treten können.
Wie bist du dazu gekommen, Elternbildnerin zu werden?
Nach einer langen Pause in meinem erlernten Beruf als Fachfrau Betreuung bin ich nach der Geburt meines Sohnes wieder ins Kita-Leben eingestiegen. Nun selbst Mami habe ich die Ängste, Sorgen und Unsicherheiten vieler Eltern anders wahrgenommen und konnte sie auf einer anderen Ebene abholen.
In mir wuchs der Wunsch, mein fachliches Wissen und meine Erfahrungen auch ausserhalb der Kita weiterzugeben. Meine Chefin unterstützte dies sehr und brachte mich dann auch darauf, mir das Weiterbildungsangebot von Kinderschutz Schweiz einmal genauer anzusehen. Das Konzept der Elternkurse überzeugte mich von Anfang an und somit meldete ich mich für die Ausbildung zur Elternbildnerin an.
Welches sind die Herausforderungen, mit denen sich Eltern heute am meisten beschäftigen?
Die heutigen Eltern wollen verändern. Sie sind aufgeschlossen, reflektiert und wollen es anders machen als die Generation davor. Das bietet einen grossen Raum für Neues und Wundervolles. Gleichzeitig verunsichert es aber auch immens. Heutige Eltern wollen weg von der autoritären Erziehung, sie wollen bedürfnisorientiert und bewusst leben. Dabei stellt sich aber die Frage, wie das konkret im Alltag umsetzbar ist. Wie viele Grenzen brauchen unsere Kinder? Wo setzen wir als Eltern diese? Und wie können wir ein Familienleben gestalten, in dem alle Bedürfnisse, auch elterliche, Platz haben?
Corina
Ich glaube, alle Eltern wollen das Beste für ihre Kinder. Die Schwierigkeit ist es, aus dem breiten Angebot an Ratgebern, Erziehungshilfen und -stilen, das wir heute haben, das Beste herauszupicken. Ich höre oft, dass sich Eltern mit der Geburt auch eine Bedienungsanleitung fürs Eltern sein wünschen, einen Wegweiser, an dem sie sich in der Erziehung orientieren können. Etwas, das im Alltag auch wirklich umsetzbar ist und sich nicht nur im Buch toll anhört.
Was vermittelst du in deinen Elternkursen „Starke Eltern – starke Kinder“? Was ist das Besondere an diesen Kursen?
Genau dieses Praktische, das sich viele Eltern wünschen, versuche ich in meinen Kursen weiterzugeben. Nebst dem theoretischen Wissen über die gewaltfreie Erziehung sollen die Eltern einen Koffer voller Werkzeuge bekommen, der ihnen hilft, das Erlernte eben auch im Familienleben konkret umzusetzen. Das Konzept stützt sich nicht nur auf einen ausgewählten Pädagogen und seine Ansichten. Es präsentiert sich viel mehr als Zusammenfassung der besten Erkenntnisse der letzten Jahre. Ausserdem gibt es viel Raum für den Austausch innerhalb der Gruppe. Die Eltern merken schnell, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind. Diese Erkenntnis entlastet bereits sehr.
Welche Ziele verfolgst du mit deinen Kursen?
In erster Linie ist es mir wichtig, den Eltern zu vermitteln, dass sie einen wunderbaren Job machen. Jeden Tag. Denn Kinder grosszuziehen, ist eine echte Herausforderung. Da bekommt man ohne praktische Vorkenntnisse einfach die Verantwortung für einen Menschen, für sein Wohlbefinden, sein Überleben. Das sollte man sich immer wieder bewusst machen. Eltern zu sein, ist eine unglaubliche Leistung. Ausserdem sollen die Eltern wissen, dass sie nicht perfekt sein müssen, solange sie authentisch sind! Jeder darf mal einen schlechten Tag haben. Auch Mama und Papa. Wichtig ist es dabei, mit unseren Kindern darüber zu reden und unsere Gefühle zu benennen. Denn nur was wir selbst leben, werden unsere Kinder von uns lernen.
Gewalt in der Erziehung ist leider nach wie vor verbreitet. Ist es aus deiner Sicht notwendig, dass die gewaltfreie Erziehung im Gesetz verankert wird?
Ja, absolut! Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Ich hoffe, dass, wenn dies so gesetzlich verankert wird, die Hemmschwelle, Kindern Gewalt anzutun, höher und die Gesellschaft sensibler darauf wird. Gerade wenn es um psychische Gewalt geht, wie zum Beispiel Drohungen oder verbale Erniedrigung, ist bei vielen Menschen das Bewusstsein, dass es sich effektiv um Gewalt handelt, noch nicht so ausgereift.
Weshalb hast du einen Blog gegründet? Welche Rolle spielt dein Blog?
Wie oben bereits erwähnt, habe ich mit der Rückkehr in die Kita gemerkt, dass ich mein Wissen und meine Erfahrungen gerne an möglichst viele Eltern weitergeben möchte. Da Schreiben seit meiner Kindheit meine grosse, wenn auch lange eine eher geheime Leidenschaft war, entschloss ich mich zu einem Blog. Auf der einen Seite wollte ich anderen Eltern zeigen, wie sie ihrem Familienalltag mit mehr Gelassenheit begegnen können und warum es so wichtig ist, unseren Kindern und ihren Fähigkeiten zu vertrauen. Andererseits habe ich mit dem Bloggen angefangen, um mein eigenes Selbstvertrauen zu stärken, meine Komfortzone zu verlassen und mit jedem veröffentlichten Beitrag meine selbstgesetzten Grenzen ein wenig zu erweitern. Heute ist der Blog zu einem wichtigen Medium geworden, um auf meine Kurse aufmerksam zu machen und interessierten Eltern einen ersten Einblick in die Thematik «gewaltfreie Erziehung» zu verschaffen.
Gelingt es dir, die Theorie, die du vermittelst, in die Praxis umzusetzen?
Ja, zum Glück! Ansonsten würde es wahrscheinlich schwierig werden, den Eltern die Inhalte meines Kurses authentisch zu vermitteln. Das ist für mich das Schöne am Konzept „Starke Eltern – starke Kinder“. Mit ein bisschen Übung lassen sich die erlernten Handlungsalternativen leicht in den Alltag integrieren. Für ein harmonischeres Miteinander.
Was würdest du Eltern, die «struggeln», kurz und bündig mit auf den Weg geben?
Falls du unsicher bist, wo du Grenzen setzen sollst, stell dir folgende Frage: Kann sich jemand dabei verletzen oder kommt zu Schaden? Nein? Dann lass die Kinder machen.
Vielen Dank, liebe Corina, dass wir hinter die Kulissen deiner Tätigkeit als Elternbildnerin blicken durften. Wir hoffen, dass du über deine Kurse und deinen Blog viele Eltern erreichen und unterstützen kannst. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg und vor allem viel Befriedigung beim Ausüben deiner Tätigkeit!
Nachfolgend findet ihr weitere spannende Beiträge rund um das Thema gewaltfreie Erziehung:
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