Post-Automat und Digitalisierung
Ob bei der Post, Bank, im öffentlichen Verkehr oder in Läden – die Digitalisierung geht im Schnellzugtempo vorwärts. Es gibt kein Entrinnen. Selbst an eine kurze Verschnaufpause, damit ältere Menschen alle Neuerungen verdauen können, ist nicht zu denken.
Nachdem meine Mutter in den letzten Monaten bereits die Handhabung von Bankkarte und Geldautomat erlernen musste, weil die Bankfiliale im Quartier aus wirtschaftlichen Überlegungen geschlossen wurde, hat sie sich wegen Corona auch den Umgang mit dem Tablet angeeignet, um in Verbindung mit der Aussenwelt bleiben zu können. Und ganz nebenbei übt sie nun, im Laden elektronisch auszuchecken, um gewappnet zu sein, wenn die Kassen verschwinden werden.
«Super gemacht bis jetzt, das war’s nun sicher für eine Weile», sagte ich ihr. Doch ich hatte die Rechnung einmal mehr ohne den Wirt gemacht. Beziehungsweise dieses Mal ohne die Post. Es ist ja nicht so, dass die Post nicht schon einiges an Anpassungen verlangt hätte. Für ältere Menschen mit Tremor oder Gicht ist es zum Beispiel schampar lustig, wenn sie am Postschalter oder auch an der eigenen Haustüre digitale Unterschriften mit einem kaum greifbaren Stift auf einen Mini-Bildschirm eines Mini-Scanners kritzeln müssen.
Noch viel lustiger wird es wohl, wenn ältere Menschen künftig Pakete über die neuen My-Post-24-Automaten versenden müssen, weil das Schaltergeschäft aus wirtschaftlichen Gründen weiter reduziert wird. Selbst ohne Tremor oder Gicht haben sie am Bedienungsterminal fast keine Chance, die notwendigen Eingaben fehlerlos zu leisten. Ganz zu schweigen, wie lustig es sein muss, wenn sie mit Gehbehinderungen oder Rückenbeschwerden das Paket ausgerechnet in das Fach legen müssen, das sich nicht nur am weitesten weg vom Terminal, sondern dazu noch in der untersten Reihe des Automaten öffnet …
immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich
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