Familienleben Kolumne

On-Off-Freundschaften

Wenigstens kann man Brüderschaft nicht einfach so kündigen.


Kinder sind erst im Alter von zirka drei Jahren wirklich in der Lage, bewusst Kontakte zu knüpfen und jene Kinder, mit denen sie am meisten Zeit zusammen verbringen, zusammen spielen oder Dinge teilen als ihre Freunde zu bezeichnen. Gerade in der Krippe eröffnet sich Kindern die Möglichkeit, die Regeln der Sozialisation und der Integration zu erlernen und den wahren Wert der Freundschaft zu erfahren.

Gross war unsere Freude also, als wir feststellten, dass beide unsere Buben damit begonnen hatten, ihre Freunde nicht nach einem täglichen Zufallsprinzip zu benennen, sondern sich da offenbar ein kleiner, aber feiner Kern an echten Kumpels bildete. Wenn abends immer die gleichen Namen fallen, die dann auch wieder auf den Adresslisten für Feriengrusskarten oder Einladungslisten für Geburtstagsfeste auftauchen, dann weiss man: Das sind sie jetzt, die Freunde unserer Kinder!

Umso grösser ist dann aber die Überraschung und die Enttäuschung, wenn die Kinder eines abends urplötzlich berichten, wer jetzt heute nicht mehr zu ihren Freunden zählt. Noch bevor man sich vom Schock erholt hat, was da Schlimmes vorgefallen sein muss, das zu einem solch abrupten Freundschaftsbruch führen konnte, wird die Aussage in den folgenden Tagen gleich mehrmals revidiert, relativiert, zurückgenommen und dann doch wieder aufgestellt. Unsere Erklärungsversuche, dass eine Freundschaft zu wertvoll ist, als dass man sie erstens zu früh deklarieren und zweitens genau so verfrüht kündigen sollte, prallen an ihnen ab. Wie an einem Schalter drehen sie den Freundschaftsknopf willkürlich auf „ein“ oder „aus“ – „Du bist mein Freund, du bist nicht mehr mein Freund.“

Kommt Ihnen das auch so erschreckend bekannt vor? Liebe Leserinnen und Leser, die Facebook-Gesellschaft und ihre Werte lassen offenbar bereits in der Kinderwelt grüssen.

mittwochs immer im Tagblatt der Stadt Zürich

Was denken Sie: Hat sich der Wert wahrer Freundschaft im Verlaufe der Zeit verändert? Und wenn ja, wie? Kann Freundschaft ein- und ausgeschaltet werden? Wieviele Freunde vermag man überhaupt zu haben?

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6 Kommentare

  • Papa
    22. Juni 2011 at 06:25

    Oh, ich erinnere mich an meine eigenen Freunde – und nichtmehrFreunde – und schonwiederFreunde – und nurfürheuteFreunde – und nurFreundeweilderFreunddesanderen sodoofistFreunde. Das war lustig. 😉

  • Katharina
    22. Juni 2011 at 05:59

    Hihi, es gab eine Zeit, da habe ich meinen Freundinnen sogar schriftlich gekündigt…
    Es ist nur eine Phaaaaaaaaaaaaase wie so vieles im Erziehungsalltag 🙂

  • Irene
    22. Juni 2011 at 06:27

    Nach meiner Erfahrung festigt das sich erst noch, bei unserer Grossen war das so in der ersten Klasse das sie festere Freundschaften hat, die auch etwas weniger gute Zeiten überstand. Jedoch gab und gibt es noch heute die auswechselbaren, und ich denke nicht das wir da ein schlechtes Vorbild sind mit Facebook, sondern die Kinder müssen erst lernen was wirklich Freundschaft ist.

    Grüessli

  • Rita Angelone
    22. Juni 2011 at 06:51

    Okay, schriftlich… Das ist eine neue Dimension… 😉

  • Rita Angelone
    22. Juni 2011 at 06:52

    Okay, ich sehe, dass ich da als Mädchen wohl etwas anders war… aber immerhin bin ich beruhigt, dass das auch „früher“ in den „besseren Zeiten“ auch so war.

  • Rita Angelone
    22. Juni 2011 at 06:52

    Gut, Irene, dann lass uns ohne schlechtes Gewissen weiter facebookeln!

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