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Nach drei Monaten Schulferien: Endlich heisst es „Back to School“ in Italien!

Die Kinder in Italien haben zum Schulschluss im Juni gut lachen! Nicht so die Eltern…

Mitte September ging ein Jubelschrei durch die kinderhabende Bevölkerung Italiens: Die Schultüren haben ihre Pforten wieder geöffnet, nach langen 14 Wochen Sommerferien! Anfang Juni schlossen die Schulen, und erst gegen Mitte September ertönten die Schulglocken wieder. Stellt ihr euch jetzt grad spontan die Frage: Wie überbrückt man dreieinhalb Monate Schulferien? Tja, da ist Kreativität gefragt!

Da die Kids versorgt sein sollen und die meisten Eltern Doppelverdiener sind, müssen sie folglich fremdbetreut werden. Da müssen wohl oder übel die Nonni hinhalten, denn vierzehn Wochen Ferien am Stück gewährt nicht einmal der grosszügigste aller italienischen Arbeitgeber. Fehlen Grosseltern, Au Pairs oder Babysitter, verfrachtet man den Nachwuchs in einen „Campus“, eine Art „Sommerschule“, wo die Kids tagsüber den verschiedensten Aktivitäten nachgehen und abends todmüde in die heimischen Laken sinken.  Für andere Familien gilt oft der Strand als einzige Zufluchtsmöglichkeit, wo die Kids übersommern. Die Mamma oder Nonna wird vorübergehend stolze Besitzerin eines zwei Quadratmeter grossen Sandstrand-Fleckens und betreibt fortan eine Art „Aussenquartier“, die Kids stets im Blickfeld und unter Kontrolle. Auch die berühmt-berüchtigten „compiti“, die Ferienhausaufgaben in Form von einem oder mehreren farbigen dicken „Rätselheften“, dürfen dabei nicht fehlen. Auf dass das über neun Monate hinweg harzig angeeignete Wissen nicht abhanden kommen möge! Allerdings sind die Sprösslinge nicht nur am Strand anzutreffen, sondern auch bei alltäglichen Besorgungen – im Supermarkt, am Postschalter oder in der Bank –  ist der Nachwuchs im Schlepptau dabei: In einer Welt, die neun Monate im Jahr den Erwachsenen vorbehalten ist, sind im Sommer täglich Minderjährige anzutreffen.

Nun gehört ebendiese Welt wieder den „Grossen“ – nach dem täglichen Gang zur Schule (bis zur Oberstufe müssen die Kinder von einer erwachsenen Person begleitet und abgeholt werden, aber das ist ein anderes Thema) gehört für viele Eltern ein caffé in der Bar zu einem unverzichtbaren Ritual für den Tagesbeginn. Das hört sich nun sehr entspannt an, ist aber kaum so: Wer wie die Autorin drei Kinder in drei verschiedenen Schulen hat, muss wie ein Topmanager ständig Zeiten und Daten checken und aufeinander abstimmen. Und das meistens im letzten Moment, denn bis wenige Tage vor Schulbeginn steht auf den Schulwebseiten noch nicht schwarz auf weiss, wann die Schule denn nun beginnt (nein, nicht unbedingt montags!) und um welche Zeit. Zudem muss die Newsseite der einzelnen Schulen dauernd konsultiert werden, denn in den ersten Wochen sind die Stundenpläne provisorisch, die Schulmensa wird erst ab Oktober in Betrieb genommen und etwaige Nachmittagslektionen ebenfalls. Fragt nicht, warum dies so ist. Viele Lehrstühle sind noch nicht besetzt, folglich setzt sich der Schulbetrieb nur schleppend in Bewegung, denn durch fehlende Lehrpersonen in einzelnen Fächern muss notgedrungen improvisiert werden. Ihr könnt euch bestimmt vorstellen, dass es unter diesen Umständen eine ganze Weile dauert, bis der familiäre Alltag wieder in gewohnten Schranken läuft, wenn von „gewohnt“ im Belpaese überhaupt die Rede sein kann…!

A presto!

Könnt ihr euch das vorstellen? Wie würdet ihr 14 Wochen Sommerferien am Stück überbrücken? Und: Freut ihr euch auch nach 5 Wochen Sommerferien wieder auf das „Back to School“ eurer Kinder?


Sarah Coppola-Weber ist gebürtige Ostschweizerin mit italienischem Pass. Sie lebt mit einem neapolitanischen Ehemann, zwei Töchtern (14 und 11) und einem Sohn (7) seit 17 Jahren in der Nähe von La Spezia. Für „Die Angelones“ schreibt die angehende Doula über Familien -, Gesundheits- und Ernährungsthemen und lässt dabei die LeserInnen am facettenreichen italienischen Alltag teilhaben, wo der Ausnahmezustand oft an der Tagesordnung und von „dolce far niente“ keine Spur ist!

Mehr über Sarah und ihre Familie erfährt ihr in im spannenden Interview, das wir mit ihr führen durften!

Seid gespannt auf Sarahs nächster Bericht, in welchem sie uns erzählen wird, womit sich Italiens Sprösslinge am Nachmittag beschäftigen, wenn die meisten Schultüren geschlossen sind!

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2 Kommentare

  • Gaby
    27. September 2016 at 07:19

    Also jetzt musste ich ja wirklich nur lachen, bei deinem Bericht! Ja, das kann ich, da ich in der „geordneten“ Schweiz lebe und erst noch Lehrerin bin. UNVORSTELLBAR bei uns, nicht wahr??? Dass dir (und den restlichen italienischen Eltern) nicht zu lachen zumute ist, kann ich verstehen. Lago mio! So ein unorganisierter Haufen……. lago mio!
    Ja, die italienischen Nonni, die an der Adria übersommern mit ihren Enkelkindern, sehen wir jeden Sommer. Und die Camps auch ab und zu…. ein grosses Problem, diese langen Ferien (und damit meine ich ja nicht, dass die Schule als „Chinderhüeti“ her halten soll…. ). Aber ist das denn nötig? Ists zu heiss zum Lernen in den Sommermonaten? Haben die LPs so lange Ferien nötig, weil der Unterricht übers Jahr so streng ist (oder etwa die Bambini????). Komisches System, lago mio. Hoffe, konntest deinen Kafi heute schon in Ruhe geniessen, ich lass ihn mir jetzt dann auch gleich raus, meine beiden Mädels sind schon seit 6.40 weg zur Schule!
    LG, Gaby

  • Corina
    27. September 2016 at 15:17

    Und stellt euch vor, dass es haufenweise nonni (vor allem nonne) gibt, die den Karren das ganze Jahr über schmeissen, z.B. wenn die Tochter alleinerziehend ist! Das heisst, nach 14 Wochen sind sie einfach froh, wenn wenigstens die Schule anfängt, organisiert oder auch nicht. Denn jünger werden sie ja auch nicht und das ganze Prozedere haben all diese schon einmal durchgemacht, denn sonst wären sie ja nicht nonne.

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