Lotusgeburt: Das Baby bleibt mit der Plazenta verbunden
Stell dir vor, du hast soeben ein Kind auf die Welt gebracht. Der erste Schrei prägt sich unvergesslich in deiner Erinnerung ein. Du bist noch ganz benommen, ausser dir vor lauter Freude. Es ist da! Es ist geboren! Das grösste Glück auf Erden! Kurz danach bekommst du nochmals Wehen – die Nachgeburt, genannt Mutterkuchen oder Plazenta, kündigt sich an und damit ist die Geburt vollendet.
Die Plazenta, diese grosse Unbekannte. Sie gilt als erstes Organ des Menschen, schliesslich ist sie dafür zuständig, dass der Embryo in den neun Monaten heranwächst. Und stell dir vor, die Nabelschnur wird nicht durchtrennt und dein Baby bleibt mit der Plazenta verbunden. Das nennt man Lotusgeburt. Den Namen hat sie nicht nur von der wunderschönen Blüte, sondern von der kalifornischen Krankenschwester Claire Lotus Day, die sich als erste Frau Gedanken machte zum Sinn des Abnabelns der Kinder nach der Geburt.
Besonderheiten und Vorteile der Lotusgeburt
Die Nabelschnur pulsiert langsam aus, die Plazenta wird in ein Säckchen oder Becken gelegt, täglich mit Salz und Kräutern frisch eingerieben und das Kind fortan mitsamt Mutterkuchen umhergetragen. Nachteil Nummer Eins liegt auf der Hand: Es ist unpraktisch. Beim Hautkontakt, Stillen und Wickeln stört die Plazenta, das Bekleiden des Babys muss vorsichtig angegangen werden – am besten zieht man ihm zweiteilige Kleidchen an. Trotzdem oder gerade deswegen sorgt eine Lotusgeburt für einen optimalen Start ins Leben, denn solange die Nabelschnur am Baby bleibt, wird dieses mit einer Extraportion Sauerstoff und Blut versorgt. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, die Nabelschnur nach der Geburt eine bis drei Minuten weiterpulsieren zu lassen. Als Vorteile werden genannt, dass das Baby mit mehr Nährstoffen versorgt wird und somit besser zunimmt, dass das Risiko für eine Infektion oder die Neugeborenen-Gelbsucht gebannt ist und der Nabel schneller abheilt. Zudem spricht man von entspannteren Babys. Im Durchschnitt dauert es vier bis zehn Tage, bis der Nabel alleine abfällt und die Lotusgeburt beendet ist.
Ein Erfahrungsbericht
Vor zehn Jahren habe ich mein drittes Kind im Geburtshaus geboren und war durch eine spannende Lektüre total begeistert und sehr überzeugt von der Lotusgeburt. Es hat eigentlich gut geklappt, da ich bei meiner Mutter zuhause war und mich nur ums Baby kümmern konnte, doch am zweiten Tag haben wir entschieden, die – mittlerweile ausgetrocknete – Nabelschnur durchzutrennen. Der Nabelrest ist am vierten Tag abgefallen, was uns zur Überlegung veranlasste, dass, wenn wir uns noch ein wenig länger geduldet hätten, sich die Lotusgeburt am vierten Tag von alleine vollbracht hätte. Wir waren dankbar, diese Erfahrung gemacht haben zu dürfen, und, vor allem, unserem Sohn einen sanften Übergang vom Bauch in die Welt ermöglicht zu haben. Ach ja, die Plazenta haben wir übrigens vergraben, und an jenem Ort blüht seitdem eine kräftige Pflanze! Aber die Verwertung der Plazenta ist ein anderes Thema, man kann daraus Globuli machen lassen oder ein Stück davon essen, wie es in der Tierwelt häufig der Fall ist. Für mich selber war das Vergraben am stimmigsten, wir gaben der Natur ein Stück zurück und schlossen so einen Kreislauf.
Kennt ihr die Lotusgeburt? Mögt ihr eure Erfahrungen mit uns austauschen?
Sarah Coppola-Weber ist gebürtige Ostschweizerin mit italienischem Pass. Sie lebt mit einem neapolitanischen Ehemann, zwei Töchtern (17 und 14) und einem Sohn (10) seit 18 Jahren in der Nähe von La Spezia. Für “Die Angelones” schreibt die ausgebildete Doula über Familien -, Gesundheits- und Ernährungsthemen sowie Themen, die Eltern den Alltag mit ihren Sprösslingen erleichtern und lässt dabei die LeserInnen am facettenreichen italienischen Alltag teilhaben, wo der Ausnahmezustand oft an der Tagesordnung und von „dolce far niente“ keine Spur ist!
Mehr über Sarah und ihre Familie erfahrt ihr in im spannenden Interview, das wir mit ihr führen durften!
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