Die Bedeutung des Wochenbetts
Mit Wochenbett sind die ersten vierzig Tage nach der Geburt gemeint. In vielen Kulturen wird diese Zeitspanne immer noch respektiert, hierzulande kaum. In unserem schnelllebigen Alltag ist uns das Wochenbett einfach abhanden gekommen. Dabei braucht es Zeit, die Schwangerschaft zu verarbeiten, physisch wie psychisch.
Erholung für die Mutter
Doch immer früher werden die frischgebackenen Mütter aus dem Spital entlassen und es gilt, möglichst schnell wieder in (Vorschwangerschafts-)Klamotten und Alltagstrott zurückzufinden. Trotz Kindergeschrei und schlaflosen Nächten. Erst gerade hat man die grösste Anstrengung auf Erden hinter sich gebracht, hat Gebärmuttermund und Seele geöffnet, das Kind unter Müh und Schmerz aus sich herausgepresst – wo bleibt da die Zeit für Erholung, wenn frau sofort wieder „funktionieren“ muss?
Zeit für den Nestbau
Holen wir es uns zurück, das Wochenbett, lassen wir uns verwöhnen und verhätscheln, bekochen und behüten! Das gilt auch für unsere Männer, die nach nur einem Tag Vaterschaftsurlaub wieder am Arbeitsplatz antraben müssen, statt dass sie ihrer Frau unter die Arme greifen und sich als junge Familie aneinander gewöhnen dürfen. Holen wir sie uns zurück, diese wertvolle erste Zeit, und kosten wir sie aus, die Tage unmittelbar nach der Geburt, und beschäftigen wir uns mit dem „Nestbau“ statt mit dem Haushalt.
Grundstein fürs Zusammenleben
Wenn Milch, Tränen und Blut fliessen und die Gefühle Achterbahn fahren, ist kein Platz für das, was uns der Alltag normalerweise abverlangt. Es ist die Zeit des Beschütztwerdens, des Sich-Beschnupperns, die Grundsteine fürs Zusammenleben werden gelegt, an der Liebesbeziehung von Mutter und Kind gebaut. Es geht darum, den Neuling kennenzulernen. Er verlangt unsere ganze Aufmerksamkeit, und das ist gut so.
Ruhe lautet das Zauberwort
Warum das Wochenbett so wichtig ist, und wie es sich im Vorfeld planen lässt, steht im Buch „Build Your Nest“ der zweifachen Mutter Kestrel Gates, das die Journalistin und Doula Stephanie Johne derzeit auf Deutsch übersetzt. „Ruhe“, lautet das Zauberwort für ein „gutes“ Wochenbett. „Das heisst, nicht, das die Mutter komplett von der Aussenwelt abgeschottet sein muss, sondern, dass sie sich nicht um Alltägliches wie Wäsche waschen, putzen und kochen zu sorgen braucht“, sagt Stephanie Johne.
Privatsphäre der jungen Familie wahren
Ist ja alles schön und gut, sagt ihr euch jetzt, aber wie klappt das konkret? „Das Umfeld soll instruiert werden. Es soll klar gemacht werden, warum das Wochenbett so wichtig ist. Man soll Verwandte und Freunde bitten, nicht auf Babyschau zu kommen und sich womöglich bedienen zu lassen, sondern aktiv zu werden und eine Aufgabe zu übernehmen: Wer bringt wann ein warmes Gericht, wer kann einmal pro Woche putzen kommen, wer geht mit dem Hund Gassi?“ Wer sein Umfeld um Hilfe bittet und diese annimmt, revanchiert sich in Zukunft gerne dafür. Die Doula hilft dabei – sie ist selber aktiv während des Wochenbetts im Einsatz, sorgt dafür, dass die Privatsphäre der jungen Familie gewahrt wird und stellt zusammen mit den Eltern einen Plan zusammen, wer was wann tut. Am besten aber schon einige Wochen vor der Geburt. Damit der gute Start auch wirklich klappt.
Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Wochenbett gemacht?
Sarah Coppola-Weber ist gebürtige Ostschweizerin mit italienischem Pass. Sie lebt mit einem neapolitanischen Ehemann, zwei Töchtern (17 und 14) und einem Sohn (10) seit 18 Jahren in der Nähe von La Spezia. Für “Die Angelones” schreibt die ausgebildete Doula über Familien -, Gesundheits- und Ernährungsthemen sowie Themen, die Eltern den Alltag mit ihren Sprösslingen erleichtern und lässt dabei die LeserInnen am facettenreichen italienischen Alltag teilhaben, wo der Ausnahmezustand oft an der Tagesordnung und von „dolce far niente“ keine Spur ist!
Mehr über Sarah und ihre Familie erfahrt ihr in im spannenden Interview, das wir mit ihr führen durften!
Sarahs bisher erschienenen Beiträge könnt ihr hier nachlesen:
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