Familienleben Kolumne

Guter Rat ist (zu) teuer

Präventionskampagnen erteilen gutgemeinte Ratschläge, wie man die Gesundheit erhalten kann:

„Nimms leicht!“ – hebe Lasten korrekt! „Dänk a Glänk!“ – gehe schonend mit den Gelenken um! „Trinke genügend Wasser!“ – stelle immer eine Flasche in Reichweite!

Bei allem Respekt für Präventionsarbeit, aber haben die Initianten jemals ein Kind aus einem Autositz gehoben und dieses mit einer 270 Grad Drehung der Wirbelsäule durch die nur wenige Zentimenter offen stehende Tür gezerrt, um das zu nah parkierte Auto nicht zu beschädigen? Allein eine solche Bewegung dürfte dieselben Folgen aufweisen wie jahrelanges unkorrektes Heben!

Würden Eltern auch nur einen Moment an ihre Handgelenke denken, müssten sie konsequenterweise ihre Kinder für immer am Boden liegen lassen, anstatt sie tausende von Malen mit denselben entzündungsfördernden Halbkreisbewegungen beider Hände auf und ab von Triptraps, Wickeltischen oder in und aus Laufgittern und Betten zu heben.

Und wie oft sind Eltern einer Dehydrierung nahe, weil sie frühmorgens nur einen harntreibenden Kaffee trinken zur Ankurbelung der Kräfte, um einen weiteren Familienmarathon zu überstehen, während welchem die einzigen, die stets eine Wasserflasche in Reichweite haben, die Kinder sind? Unter Kopfschmerzen stellen sie abends dann fest, dass ihre Ausscheidungen mindestens so streng riechen und ähnlich gelb sind wie der Zitrusstein in der Schüssel.

Analog dem Alterssimulator, der die Möglichkeit bietet zu verstehen, wie sich  Altersveränderungen auf Beweglichkeit, Wahrnehmung und Stimmung älterer Menschen auswirken, plädiere ich für das Erfinden eines „Elternsimulators“. Dieser soll nachstellen, mit welchen Erschwernissen Eltern wirklich leben.

Nur nach dem Überziehen eines solchen Anzugs mit etlichen Gewichten und Vorrichtungen zur Einschränkung der Beweglichkeit werden Initianten nächster Kampagnen überhaupt in der Lage sein, praxistaugliche Tipps für Eltern zu definieren!

mittwochs immer im Tagblatt der Stadt Zürich

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2 Kommentare

  • max
    29. September 2010 at 08:26

    Zwei Vorschläge:

    1.) Genug Kraft trainieren und zwar nicht bodybuilding sondern angepasst an die tatsächliche Lebenssituation. Sobald die Muskeln die Lasten aufnehmen und die Schläge abfedern werden die Gelenke geschont.
    Das kann nötigenfalls mit Hilfe einer Physiotherapeutin geschult werden.

    2.) Grosses Auto kaufen, wenn möglich ein Offroader oder einen richtigen Van, wo die Sitze in Bauchhöhe sind.

    Jetzt sehen auch die letzten den realen praktischen Nutzen von Autos mit grosser Bodenfreiheit ein.

    Das sind ganz klar die Präventionsratschläge, die die Staatspropagandisten aus politischen Gründen nicht geben dürfen. Bei mir und mit meinen Gesundheitsproblemen hat sich diese Mühe genauso klar gelohnt.

  • max
    29. September 2010 at 10:00

    Vergass noch zu erwähnen bei
    2.) Grosses Auto: Ein Van mit Schiebetüre ist mit Sicherheit am einfachsten, um in engen Parkplätzen Kinder aus dem Sitz zu holen.

    Leider sind Exemplare mit Schiebetüre beidseitig selten. Diese müsste man neu bestellen und könnte sie nicht gebraucht kaufen.

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