Kürzlich hat mir ein Nonno seine Lebensweisheiten verraten: Unter anderem sei er in eigener Sache immer ein Geizhals gewesen, nicht aber, wenn es um seine Kinder oder Enkel gegangen sei. Da sei er heute noch – oft gar über seine Verhältnisse – grosszügig, ohne dass ihm dies nur im geringsten schwer falle. Mir kam das alles sehr bekannt vor, war das doch – und ist bis heute – auch eine Lebenseinstellung meiner eigenen Eltern.
Da der Vergleich mit einem Geizhals nicht sehr attraktiv ist und man als Tochter ungern mit den eigenen Eltern verglichen werden will, wies ich in einer ersten Reaktion ein ähnliches Verhalten entschieden zurück. Bei nochmaliger Betrachtung realisiere ich aber, wie südländisch selbstgeizig ich doch auch schon bin.
In unserem Haushalt führe ich ein strenges Regime, profitiere systematisch von Aktionen, sammle Punkte und Märkli und lasse alle betriebswirtschaftlichen Kenntnisse über Wareneinkauf und Lagerhaltung zur Optimierung unseres Haushaltsbudgets ins tägliche Leben einfliessen. Wie der alte Nonno oder meine Eltern stelle auch ich instinktiv meine eigenen Bedürfnisse hintan.
Und so passiert es, dass in der monatlichen Ausmarchung Kinderschuhe gegen Stilettos gewinnen und ich im Einkaufszentrum mit Scheuklappen am Ausverkauf vorbeiziehe, um die Mission «Badelatschen für die Buben» zu erfüllen, ohne auf finanzielle Abwege zu geraten. Gelingt es mir, mit einem unversehrten Portemonnaie die Gefahrenzone zu verlassen, freue ich mich über die vollbrachte Mission: Meine Buben beschenken ist einfach schön! So schön, dass ich Shopping-Entzugserscheinungen problemlos in Kauf nehme. Ausserdem lassen mich die dabei freigesetzten Glückshormone den Hunger vergessen, was sich nicht nur zusätzlich positiv auf das Familienbudget auswirkt, sondern auch auf meine Linie!
Ist ein solch strenges Regime wirklich als Geiz zu bezeichnen? Ist es nicht vielmehr eine Form von Nächstenliebe mit angenehmer Nebenwirkung? Und ist es nur Zufall, dass Diät auf französisch auch Régime heisst und alle Französinnen schlank sind?
1 Kommentar
roger tiefenthaler
28. Juli 2010 at 14:41Der Satz, warum Französinnen durchwegs schlank sind ist mir am meisten present geblieben. Nicht nur weil er am Schluss deiner Geschichte steht, auch weil ich aus eigener Erfahrung weiss, dass alle Französinnen Zigaretten rauchen und das nicht zu wenig. Rauchen macht schlank und hat eine äusserst unerotische Eigenschaft in gewissen Situationen…
Deine Verhaltensweise in Bezug auf Geiz, fürsorglicher Selbstaufopferung um das Fortbestehen der Brut (oder besser gesagt der Milchvamps) zu sichern, ist für mich „normal“. Du bist definitiv keine Rabenmutter :-).
Die Super-Gewitterwolken-Karten haben bei mir no Chance, weil ich mich absolut kontrolliert fühle oder angst habe, wenn ich plötzlich im Guinessbuch der Rekorde stehe, weil ich im Toilettenpapierverbrauch unschlagbar bin…
uf wiederläse
Roger