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Frauen und Finanzen

Frauen gehen Finanzfragen anders an (Bild Sally Jermain, Pixabay)

Frauen und Finanzen – (noch) keine Liebesgeschichte

Für Frauen ist es genau so wichtig, sich mit Fragen rund um Finanzen und Geldanlagen zu beschäftigen wie für Männer. Doch viele Frauen tun es nicht. Und wenn, dann nur ungern und entsprechend zaghaft und unsicher. Weshalb sich Frauen im Vergleich zu Männern mit Finanzfragen schwer tun und und wieso es wichtig ist, die Gründe dafür zu kennen und anzugehen, erfahren wir im Gespräch mit einer Expertin zum Thema Frauen und Finanzen.

Frauen ticken in Finanzfragen anders

Für Frauen hat sich in den letzten Jahren einiges geändert: Sie sind heutzutage besser ausgebildet als je zuvor und die Anzahl an Hochschulabsolventinnen übersteigt regelmässig diejenige der männlichen Absolventen. Auch weibliches Unternehmertum ist auf dem Vormarsch. Folglich unterliegen die Vermögen von Frauen weltweit einem Wachstumstrend und bereits ein Drittel des Vermögens auf der ganzen Welt liegt in weiblicher Hand – Tendenz steigend. Angesichts dieser positiven Entwicklung ist es für Frauen heutzutage immer wichtiger, sich mit Finanzen und Geldanlagen zu beschäftigen. Im Gespräch mit Doris Walzer erfahren wir weshalb.

Doris Walzer ist 27 Jahre alt und absolviert zur Zeit das vierte und letzte Semester ihres Masterstudiums in Banking and Finance an der Hochschule Luzern. Sie untersucht das Verhalten von Frauen in Bezug auf Finanzen und Geldanlagen.

Liebe Doris, im Rahmen deines Studiums beschäftigst du dich mit der Frage, wie Frauen mit dem Thema Geld und Finanzen umgehen. Weshalb ist es wichtig, dass sich Frauen damit auseinander setzen?

Studien deuten darauf hin, dass Frauen trotz ihrer steigenden Einkommen und Vermögen häufig wenig Freude am Thema Geldanlage haben oder – aufgrund mangelnder Kenntnisse – sogar etwas Respekt davor haben. Deshalb schieben sie Finanzfragen gerne auf die lange Bank oder überlassen ihrem Partner die Verantwortung über finanzielle Entscheidungen.

Wenn ich ganz ehrlich bin: Auch bei mir trifft das teilweise zu. Ich mag mich auch nicht mit Geldfragen auseinander setzen und wenn immer möglich, gebe ich das noch so gerne meinem Mann ab. Worin siehst du die Gefahren eines solchen Verhaltens?

Jede Frau sollte sich selbständig mit ihren eigenen Finanzen befassen. Auch wenn es bequem sein mag, diese Fragen dem eigenen Partner zu delegieren, kann jede Frau in die Situation kommen, dass sie sich selber damit auseinander setzen muss. Zum Beispiel nach einer Scheidung oder dem Tod des Partners. Viele Frauen, die den Partner verloren haben, geben an, dass es besser gewesen wäre, wenn sie sich früher mit ihren Finanzen beschäftigt hätten. Nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit möglichen Lücken in der ersten und zweiten Säule, weil sie während der Familienphase nur Teilzeit gearbeitet oder längere Babypausen eingelegt haben.

Gibt es nebst dem mangelnden Interesse am Thema Geldanlage auch andere Gründe für die zurückhaltende Haltung von Frauen gegenüber Finanzangelegenheiten?

Nicht selten fehlt es Frauen an finanziellem Knowhow. Gemäss einer Umfrage geben zum Beispiel in Deutschland 28% der Frauen an, in Bezug auf Vermögensaufbau völlig ratlos zu sein. Folglich haben sie in Sachen Geldanlage ein geringeres Selbstvertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und entsprechend häufiger wählen sie klassische Sparformen wie das Sparkonto und vermeiden es, aktiv am Finanzmarkt teilzunehmen.

Heisst das, Männer und Frauen investieren auf unterschiedliche Art und Weise und verteilen ihr Vermögen entsprechend anders?

Frauen geben an, 40% ihres Vermögens in Sparformen zu haben und nur 20% in Aktien respektive 10 % in Gold anzulegen. Bei Männern beträgt die Aktienquote 30 %.

Frauen scheuen also eher das Risiko – weshalb soll das nicht gut sein?

Mir fällt auf, dass viele Frauen Finanzanlage vor allem als Quelle von Sicherheit erachten. Die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, steht für sie weniger im Vordergrund. Frauen investieren darum defensiver als Männer. Durch ihre Risikoscheu entgeht ihnen aber die Chance, auf lange Sicht höhere Renditen zu erzielen. Aufgrund ihrer durchschnittlich fünf Jahre längeren Lebenserwartung wären sie aber genau darauf angewiesen, um ihren Lebensstandard im Alter aufrechtzuerhalten.

Gibt es sonst noch Unterschiede zwischen Mann und Frau in Bezug auf Finanzanlagen?

Frauen bedenken häufiger auch den sozialen und ökologischen Impact, den ein Investment haben kann. Sie betrachten Geldanlagen öfter auch als Ausdruck eigener Wertvorstellungen.Frauen ziehen nachhaltige Finanzanlagen vor und fragen sich häufiger als Männer, ob sie mit ihrem Anlagevermögen etwas Positives bewirken können.

Denkst du, dass die Finanzwelt ganz allgemein eher noch eine „Männerwelt“ ist?

Es gibt auf jeden Fall Dinge, die dafür sprechen. Aus Befragungen wissen wir zum Beispiel, dass sich Frauen in Begleitung von Männern anlässlich von Finanzgesprächen häufig von Bankberatern nicht angesprochen fühlen – diese richten sich im Gespräch nicht selten eher an den Mann. Und es ist auch so, dass die Kryptowelt derzeit von Männern dominiert ist. Deshalb erstaunt es nicht, dass auch weniger Frauen mit der Möglichkeit der Geldanlage in Kryptowährungen wie Bitcoin vertraut sind und lediglich 15% aller Bitcointrader weiblich sind.

Was möchtest du mit deinem Engagement erreichen?

Mit meiner Umfrage möchte ich heraus finden, wo Frauen in Bezug auf Finanzfragen stehen und aus den Erkenntnissen Handlungsempfehlungen zu Handen von Frauen und Finanzinstituten ableiten. Finanzthemen sollen nicht länger eine reine Männerdomäne sein. Jede Frau, die meine Umfrage beantwortet, kann mich bei der Zielerreichung unterstützen und damit helfen, dass Frauen künftig ihre Finanzen kompetent und mit Freude selber an die Hand nehmen!

Liebe Doris, vielen Dank für diesen spannenden Einblick in die Finanzwelt aus Sicht von Frauen. Wir hoffen, dass viele Leserinnen an deiner Umfrage teilnehmen und deine Untersuchung unterstützen! Wir freuen uns jetzt schon auf deine daraus resultierenden Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen.

Quellen: Studien swisspolitics.org, bcg.com, Axa Deutschland, J.P. Morgan, markets.businessinsider.com

In einer interessanten Podcast-Folge berichtet uns Doris über ihre gewonnenen Erkenntnisse:

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