Im Alter des Grossen nimmt bei Kindern die Fantasie einen wichtigen Platz ein. Dies kommt vor allem im Spiel zum Ausdruck: Mit einem blauen Badetuch um die Schultern mutieren sie zu Spiderman oder erkennen Krokodile in der Kontur eines abgebissenen Melonenschnitzes.
Wie fliessend der Übergang zwischen Fantasie und Realität wirklich ist, erkennt man am besten in Alltagssituationen. So stand ich kürzlich vor dem Spiegel und wurde vom Grossen entzückt beobachtet, wie ich meine Augen schminkte. Als ich nach vollendeter Arbeit zufrieden mit den Wimpern klapperte und ihm einen rhetorisch fragenden Blick zuwarf, entgegnete er mir: «Puah, Mamma, du gsesch super us – Auge wie de Zorro!»
Lieber wär mir gewesen, meine Bemalung hätte ihn an Catherine Zeta Jones erinnert, aber um dieses Resultat zu erreichen, hätte ich ihn wohl besser als Zorros schöne Frau Elena verkleidet und geschminkt an die Fasnacht schicken sollen. Ich bedankte mich für das Kompliment und verschwieg meine leichte Enttäuschung.
Tage später verflossen die Grenzen zwischen Fantasiewelt und Realität beim Vorbeifahren an einer prominenten Ferrari-Garage erneut: «Mamma, lueg, da tüend de Luigi und de Guido Pneu wächsle!» Auch in diesem Fall fand ich es angebracht, ihn nicht auf den Boden der Realität zurückzuholen und zu erklären, dass nicht hinter jedem Ferrari-Garagentor seine Helden aus «Cars» nur darauf warteten, Rennwagen mit Weisswandreifen zu versehen!
Ich frage mich jetzt nur, wie ich reagieren soll, wenn er irgendwann – und das wird er ganz bestimmt – während einer Fahrt mit dem Tram entlang der Badenerstrasse das Aushängeschild eines Cabarets in Form einer schwarz-weiss gestreiften nackten Dame erblickt. Soll ich ihn im Glauben lassen, die Gute komme aus «Madagaskar» und sei mit Zebra «Marty» verwandt? Oder soll ich im Eintretensfall nicht besser auf meinen Verlegenheitsspruch ausweichen: «Los, das isch echli kompliziert, das erchlär ich dir äs anders Mal…»?
2 Kommentare
roger tiefenthaler
27. Juli 2010 at 08:22schöni gschichte us em alltag…fantasie, ja das isch ja klar vo wäm dini chind die händ 😉
mini 2 meitschi sind bald 12 und d`fantasie nimmt (zum glück) keis änd.
und no wägem aspräche vo für dich eher unagnäme sache. ich han probiert eifach ehrlich z`sii. irgendwie ohni moralischi od. persönliche asichte Z`säge für was dises und eis isch…
so gnueg klug „gschisse“ 🙂
bin die nasse tuernschuhe am stopfe mit ziitige und a dim geschribsel im tagblatt hangeblibe. (sind geschter im vollsträätz heigloffe und vorne nass hine troche wie dä waterman heicho.
froie mich uf di nöchschte gschichte im tagi und bi angelones!
stopfstopf
roger
Rita Angelone
28. Juli 2010 at 19:01Danke, Roger, für all deine Kommentare! Hoffe, du nimmst nicht gerade die meine Kolumne zum Stopfen der Stiefel…!