
Tabuthema Tod
Vier Jahre sind vergangen, seit mein Vater gestorben ist. Auch nach so langer Zeit beschäftigt mich dieser Verlust immer noch jeden Tag und jede Nacht. Darüber zu reden, fällt mir nicht einfach, denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass nicht wenige Menschen mit einer so langen Trauerphase Mühe bekunden. Der Tod und vor allem die Trauer sind in unserer Gesellschaft – auch wenn sie sich gegen aussen einen verständnisvollen und toleranten Anstrich zu geben versucht – immer noch ein Tabu-Thema.
Trauern in der Gesellschaft
Trauern ja, aber bitte in einer angebrachten Art und Weise und während einer angemessenen Dauer. Redet man zu früh und zu viel über die eigene Trauer, eckt das an. Wieso redet diese Person so früh über solche private Angelegenheiten? Müsste sie das nicht zuerst verarbeiten, bevor sie – vielleicht sogar öffentlich – darüber spricht oder schreibt? Redet man aber nicht über die eigene Trauer, ist das auch nicht recht. Wieso sagt diese Person nichts? Fühlt sie gar nichts? Weint man, wird das für Aussenstehende bald einmal lästig, lacht man, wirkt das suspekt.
Aus Studien weiss man, dass tiefe Traurigkeit innerhalb von wenigen Minuten abfärbt. Die meisten Men- schen wenden sich deshalb von tieftraurigen Menschen schnell ab und wünschen sich, dass die Trauer schnell vorbeigeht. Heute wird Trauernden nur eine kurze Zeit von der Gesellschaft zugestanden, bis erwartet wird, dass sie wieder «funktionieren».
Funktionieren tue ich schon lange wieder – keine Angst. Vier Jahre nach dem Verlust meines Vaters bin ich wohl langsam, aber sicher bei der letzten Etappe des Trauerprozesses angelangt, der sogenannten Akzeptanzphase. Nur: Das heisst, dass ich jetzt unmissverständlich begriffen habe, dass er nie wieder zurückkehren wird, dass ich auch meine Mutter verlieren, dass auch ich einmal sterben werde, dass es vor dem Tod kein Entrinnen gibt. Mir scheint, als hätte damit bei mir die eigentliche Trauer erst angefangen.
Wie geht ihr mit Trauer um?
Nachfolgend findet ihr weitere Beiträge rund um das Thema Tod, Verlust und Trauer:
2 Kommentare
Ale
14. Mai 2021 at 06:29Mein Vater ist vor 2,5 Jahren gestorben & es ist immer noch schwierig! Er fehlt als Vater, Nonno & natürlich als Ehemann! Meine Eltern waren über 40 Jahre zusammen, haben sehr jung geheiratet! Haben sich ein Leben in der Schweiz aufgebaut, immer „chrampfet“! Und dann mit 63 nach kurzer Krankheit gestorben! Bevor er die Pensionierung geniessen konnte… das Leben kann manchmal echt fies sein!
Er war als Vater immer zur Stelle & liebte seine Enkelkinder, die Sonntage zusammen mit der ganzen Familie Mittagessen waren alles für ihn! Doch dieser Platz bleibt für immer leer…
Ich denke, es ist wichtig über die Gefühle zu reden, auch wenn nur wenige Personen Nachfragen! Denn nach „so langer“ Zeit sollte man ja über den Berg sein!
Und das Leben geht weiter! Die Erinnerungen bleiben fest im Herz verankert!
Un abbraccio
Rita Angelone
14. Mai 2021 at 08:47Liebe Ale! Danke für deine so liebe Rückmeldung… Ich kann so gut nachvollziehen, wie es dir geht, wie dein Vater fehlt. Erst recht, weil er noch so jung war und sich so auf die Pension und auf die gemeinsame Zeit mit euch allen gefreut hat… Ich wünsche auch dir weiterhin alles Liebe und Gute und mögen wir auf einem guten Weg mit unserer Trauer umgehen lernen. Ich habe erst kürzlich einen Spruch gelesen, der mir weiter hilft: Die Trauer ist Liebe, die nicht weiss, wohin sie soll. So sage ich mir, wenn wir solche Trauer fühlen, dann ist es, weil es Liebe war. Un abbraccio anche a te, carissima Ale – Rita