Familienleben Kolumne Reportagen und Interviews

Eine Frage der Verantwortung

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?

Unlängst habe ich an dieser Stelle erzählt, dass eine neue Küche zu erhalten ähnlich ist wie ein Kind zu bekommen. Unterdessen ist unser Umbau ein grosses Stück voran geschritten und das Bauen kommt mir je länger je mehr vor, wie eine Familie zu gründen.

Das Baby – ähm, die Küche – ist zwar immer noch nicht da, dennoch haben wir – wie bei der Familiengründung – bereits viele wichtige Entscheide treffen, ursprüngliche Wunschvorstellungen über Bord werfen, ad hoc neue Lösungen finden und nicht zuletzt etliche Rechnungen bezahlen müssen. Über allem liegt sowohl die Vorfreude aufs Resultat als auch der Druck, alles möglichst richtig zu machen.

Wie damals als Eltern in spe (und übrigens auch heute noch) ernten wir als Bauherrschaft für unser Tun nicht nur Applaus. Im Gegenteil: viele unserer Entscheide werden kritisiert und gar belächelt. Wie als Eltern kann man es auch als Bauherrschaft offenbar nicht allen recht machen. Jüngstes Beispiel: „Weshalb werft Ihr so viel Geld aus dem Fenster?“ Diese häufig gestellte Frage bezieht sich auf unseren Grundsatzentscheid, den Umbau über das lokale Gewerbe abzuwickeln.

Natürlich wollen wir nicht unbedacht Geld aus dem Fenster schmeissen, dafür ist es auch bei uns zu knapp. Doch mit der Familiengründung haben wir auch eine der wichtigsten Lektionen im Leben gelernt, nämlich Verantwortung zu übernehmen. Auch für Entscheide, die sich über die eigenen vier Wände auswirken.

So wie wir bereits weder für die Baby-Ausstattung noch für Windeln und Co. über die Grenze gefahren sind, um diese günstiger zu kaufen, haben wir uns auch in Sachen Umbau ganz bewusst fürs lokale Gewerbe entschieden. Kurzfristig mag es uns etwas teurer zu stehen kommen. Spätestens dann, wenn unsere Buben – und nicht nur sie – auf Lehrstellensuche sind, könnten sich solch belächelten Entscheide als goldrichtig erweisen.

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12 Kommentare

  • Katharina
    2. Mai 2012 at 09:38

    Jetzt habt Ihr in meinen Augen grad noch einen Zacken Respekt dazu gewonnen!
    Dass die Berücksichtigung lokaler Anbieter auch finanziell lohnend ist wird sich spätestens dann zeigen, wenn Nachbesserungen oder Garantiearbeiten anfallen sollten (was ich Euch natürlich nicht wünsche).
    Grundsätzlich aber kann eine Volkswirtschaft nur dann funktionieren, wenn sie auch Konsumenten hat. Wenn niemand die Ware meines Arbeitgebers kauft, kann er mir auch keine Arbeit mehr geben.

  • Rita Angelone
    2. Mai 2012 at 09:54

    @Katharina: Ja, auch die Sache mit den Garantieleistungen war ein wichtiger Faktor, dass wir uns für hiesige Anbieter entschieden haben.

  • Nicole
    2. Mai 2012 at 10:05

    Uns ging es bei den Umbauten in Davos gerade genau gleich….. Dafür ist der Elektriker und auch der Sanitär dann wirklich auch innert kürzester Zeit auf der Matte gestanden, als meine Schwester sie gerufen hat. War super!
    Was wir manchmal machen: Wir erkundigen uns mal nach den Preisen im Ausland für das gleiche und nehmen das dann noch als Basis für einige Verhandlungen. Ich finde die Preisaufschläge z.T. halt schon völlig überrissen, die wir hier in der Schweiz zu zahlen hätten. GG hat so z.B. seine Breitling-Uhr etwas günstiger erhalten, aber für den Service und die gute Kundenbindung war er doch bereit, etwas mehr zu zahlen als eben in Deutschland. Dafür hat er jetzt eben auch eine nette und hilfsbereite Anlaufstelle für die anlaufenden Revisionsarbeiten (die bei so einer Uhr ja jeweils mehr kosten als viele neue Uhren….ui, ui, ui – das war mal ein teurer Single-Kaufentscheid ;-), und die Familienkasse hat nun jeweils die Folgen zu tragen… ;-)).

  • Bruno
    2. Mai 2012 at 10:07

    Hut ab! Wenn doch jeder so denken würde.
    Meist sind es ja genau die, die am meisten über die Missstände wettern, die dann – wenn es ums eigene Portemonnaie geht – nicht mehr weiter als über ihre eigenen vier Wände denken. Spätestens bei den Garantieleistungen wettern sie dann wieder über diejenigen, die ihnen etwas „billiger“ verkauft haben und dann nicht mehr zur Verfügung stehen.

  • Katja-Anna
    2. Mai 2012 at 12:01

    Wir haben bei unserem umbau nur heimische firmen einbezogen-denn da sind wir gleicher meinung wie ihr!
    Zudem ist das bestellen eratzteile,reparaturen „grad um die ecke“…das auto haben wir auch von hier und sind nicht „nach drüben“ gegangen. Wir machen sehr gute erfahrungen mit den geimischen handwerker und firmen….denn wenns die nicht mehr gibt…..

  • Bionic Hobbit
    2. Mai 2012 at 13:41

    Ich bin durchaus dafür, lokale Leute anzustellen, aber man darf bitte auch mal schauen, was es sonst wo kostet, und das als Verhandlungs- oder Vergleichsbasis nehmen. Und dann Vor-und Nachteile wie Kundenservice mit einzuberechnen. Es hat keinen Sinn, unsere Hochpreisinsel künstlich zu unterstützen und die endlich nötigen Adaptationen nur noch rauszuzögern. Das Über-der-Grenze-Einkaufen hat ja schon Erfolge gezeigt und Preise hierzulande schon gehörig revidiert.
    @nicole: Übrigens hätte ich gedacht, dass Breitling seine Uhren genauso wartet und revidiert, ob sie hier oder im Ausland gekauft wurden…?
    Ich hatte kürzlich eine Reparatur auf Garantie an einem Dyson Staubsauger, den ich in England garantiert günstiger als hier gekauft habe. Staubsauger vs Luxusuhr…

  • Nicole
    2. Mai 2012 at 23:14

    @Bionic: Ja, der Service ist – in der Theorie – sicher gleich gewährleistet, wenn die Uhr anderswo gekauft worden ist. Aber in der Praxis sieht es so aus, dass die vom Uhrengeschäft wirklich sehr nett und zuvorkommend sind und vieles auch einfach so kulant mal gemacht haben. Das ist halt schon noch richtiger Kundendienst.

  • Katharina
    3. Mai 2012 at 09:33

    @Nicole: Da die Firma B. auch Teile in der Firma bezieht, für die ich den Verkauf gemacht habe, habt ihr also quasi meinen Lohn bezahlt 🙂 In China wäre es sicher billiger gewesen aber ich möchte nicht unbedingt nach China umziehen.
    @Bionic: Irgendwer bezahlt aber für den Transport des Saugers.

    Allgemein: Was mir halt sauer aufstösst, ist wenn das Fachwissen und Beratung von Spezialisten in Anspruch genommen – aber ihr Produkt dann nicht gekauft wird. Ich selber habe grad letzte Woche für eine Kundin ziemlich viel Beratungsaufwand gehabt für einen Einkauf – und schlussendlich hat sie im Ausland gekauft (viel billiger natürlich). Aber der Verkäufer hatte auch den ganzen Aufwand nicht und muss deshalb auch nicht versuchen, die Kosten dafür wieder reinzuholen. Ich habe mir da jetzt vielleicht 200 stutz und 3 Stunden ARbeit ans Bein gestrichen, aber ein Onkel von mir hat ein Radio- und Fernsehgeschäft wo regelmässig Leute kommen, sich über die verschiedenen Modelle eingehende beraten lassen und dann mit dem Argument seine Preise seien „viel zu teuer“ in den Mediamarkt fahren. Aber von seiner (teuren) Zeit und seinem (teuer durch Weiterbildungen bezahlten) Fachwissen profitieren, dieses aber nicht bezahlen wollen… Das finde ich grob unhöflich und dafür habe ich echt Null Verständnis.
    (was nicht heisst, dass andere nicht überteuert wären und trotzdem keinen Mehrwert anbieten)

  • Bionic Hobbit
    3. Mai 2012 at 18:59

    @Katharina, vielleicht sollte der Onkel auch lieber seine Fernseher billiger verkaufen und dafür keine Beratung anbieten? Ich finde die Argumente schon gut, aber Leute, die Welt hat sich verändert, man kann halt heute online einkaufen oder sogar klauen, da nützt heulen leider nicht viel… sorry, das tönt hart.

  • Erika
    5. Mai 2012 at 08:12

    wir haben vor 4 Jahren gebaut. Es kam für uns nie in Frage, die Küche (und auch alles andere) im Ausland zu beziehen. 1. Weil wir unser in der Schweiz verdientes Geld auch wieder hier ausgeben wollen und weil wir bei Service- und Garantiearbeiten jemanden haben wollen, der keine allzu lange Anfahrtszeit hat.

    Zuerst haben wir bei einem national tätigen Küchenunternehmen eine Offerte eingeholt. Schlussendlich haben wir einen Betrieb aus dem (neuen) Wohnort berücksichtigt. Und bereuen die Wahl bis heute nicht. Klar, manchmal könnten die Reaktionszeiten etwas schneller sein (da chronisch überlastet), dafür ist es sehr persönlich, es werden keine Anfahrtszeiten berechnet und ein gutes Gefühl hat man dabei auch noch.

  • Hagmann Barbara
    5. Mai 2012 at 11:33

    So, nun kommt auch meine Sichtweise der Dinge. Ich finde es natürlich äusserst Lobenswert, wenn man die Sachen (und das ist der Allgemeinbegriff für alles, ob jetzt bei einem Um- oder Neubau oder bei Lebensmitteln, Grundbedarf oder was auch immer) im heimischen Gewerbe einkauft. Und ja, natürlich gehts auch nachher um Reparaturen, ausbesserungen „Nachservice“ etc. AAABER und da werden mich jetzt die einen wohl ziemlich schief anschauen – was mir jedoch so ziemlich egal ist. Ich schau’s derzeit auch ein bisschen von einer anderen Seite an. Ich bin jetzt seit einiger Zeit stellenlos. Als Wohnhafte im grenznahen Ausland stelle ich vermehrt fest, dass die Geschäfte die Bilateralen Verträge sehr zu ihrem Vorteil nutzen …..um es milde auszudrücken. Spitäler, Geschäfte, Büros, Psychiatrische Kliniken, Ergo- und Physiotherapien, Gastronomie… überall wimmelt es von Deutschen. War das jetzt abwertend? Mitnichten, nur eine gewisse Bitterkeit kann mir und anderem Bewohnern der Grenzregionen niemand verübeln. Es geht um ein Lohndumping und wer bitte profitiert davon? Wir wohl kaum, oder? Da stellt sich mir die Frage ob die Aussage meiner Eltern: „Mein Portemonnaie ist mir am nächsten“ wohl so gänzlich falsch war – zumindest scheinen sich dass auch die Arbeitgeber zu sagen, oder? Neulich habe ich ein Inserat in der Zeitung gelesen, die suchten in Kreuzlingen eine Serviceangestellte. Sie verdienen 2600 Euro – 2200 Euro Lohn und den Rest können sie mit dem Trinkgeld dazu verdienen. Eine Frechheit par exellence – momoll. Soll doch der Wirt DEN Lohn zahlen, der als Minimalvorgabe auch Rechtens ist. Sicher holt er sich seine Waren auch gleich über der Grenze – verlangt aber gaaanz sicher notabene die „regulären“ Beizerpreise der Schweiz. Also rechnen kann ich noch ein bisschen und da soll ich ein schlechtes Gewissen haben, wenn ich über der Grenze einkaufe? Nein, nein und nochmals nein – ehrlich wie ich bin, solange wir Schweizer nicht lernen dass es ein Geben UND ein Nehmen gibt und nicht nur nehmen….nein. Emmi zum Beispiel verkauft die Café-Drinks über der Grenze zum halben Preis – ok, ist noch der Euro umzurechnen, man ziehe davon aber wieder die Mehrwertsteuer ab und voilà….toll…echt und das ist nur eins von vielen Beispielen. Ich will damit absolut nicht die Absicht, die Schweiz zu berücksichtigen tiefer taxieren, mir stellt sich lediglich die Frage, ob wirklich ALLE soooo konsequent sind, wie sie tun. Ganz ehrlich, ich bin es nicht, glaube jedoch, dass ich es auch begründen kann und letztlich halte ich es mit meinen Eltern, die so dumm nicht waren: “ Mein Geldseggel isch mer halt eben no am nöchschte“ – in diesem Sinne teile ich mit, dass wir heute in der SCHWEIZ eingekauft haben – und meine Zöpfe und mein Brot backe ich eh selber!

  • Bionic Hobbit
    5. Mai 2012 at 14:21

    Wir haben vor 1.5 Jahren bei Luminart eine Lampe gesehen, die uns gefiel. Die Verkäuferin hat uns den genaueren Beschrieb der Lampe mitgegeben. Für ein Detail bin ich dann ins Internet und habe gesehen, dass man das Teil für 600 Franken weniger in Deutschland bestellen kann, was wir dann auch getan haben. Die Bedienung und Beratung bei Luminart war echt die 600 Franken nicht wert.
    Der Aufpreis in der Schweiz war damals so massiv, dass er selten zu rechtfertigen war. Die Preise sind seither schon massiv gesunken, so dass diese Diskussion und das lokale Einkaufen auch wieder mehr Sinn machen.

    Für den Grosseinkauf gehe ich zum Discounter, für gelegentliche Top-ups zum lokalen Volg, der ungefähr doppelt so teuer ist. Ich bin ja froh, dass es den im Dorf gibt, aber ich bin auch froh, dass ich für meine 5-köpfige Familie mit 4 hungrigen Jungs nicht alles dort einkaufen muss… Ich glaube, die meisten von uns finden einen Kompromiss, der für uns stimmt.

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