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Dolce vita: Keine Lust auf Meer

Das Meer in Ligurien
Mehr Touristen als Einheimische

Das Meer: So nah und doch so fern

Ja, ich lebe am Meer. Rund 15 Autominuten von der Küste entfernt. Für diese Tatsache werde ich beneidet. Oft. Aber es ist keinesfalls so, wie Ihr denkt. Denn es braucht einen ziemlich langen Atem und viel Geduld, bis man hier endlich den Sonnenschirm in den heissen Sand rammen oder sich auf ein Liegebett fläzen kann.

Das Meer muss man sich verdienen

Denn: Ligurien ist von der geologischen Konformation her sehr hügelig, ganze 97 Prozent der Landschaft bestehen aus Hügel. Was bedeutet, dass einem die Strände nicht einfach zu Füssen liegen, sondern dass man sie nur mühevoll über geschlängelte, enge und kurvenreiche Strassen erreicht. Mit dem Auto, wohlgemerkt, denn die öffentlichen Verkehrsmittel gelangen, auch zur Sommerzeit, nur zu unmöglichen Uhrzeiten hin und zu Fuss muss man schon gar nix wollen. Bei 34 Grad im Schatten sowieso.

Kein öV und Parkplätze sind Mangelware

Am besten wäre ein Scooter, doch mit einer Kinderschar im Schlepptau ist auch das keine passable Lösung. Also setze ich mich ins klimatisierte Auto, nachdem ich Badetaschen, Sonnenschirm und Kinderschar verstaut habe und fahre los. In der bangen Hoffnung, an jenem Strand, wo das Wasser transparent und sauber leuchtet, einen Parkplatz vorzufinden. Mal habe ich Glück, mal weniger. Alles passiert aufs Gratewohl. Und wenn sich dann ein Parkplatz findet, muss ich ein halsbrecherisches Manöver hinlegen, vor dem sogar mein ehemaliger Fahrlehrer den Hut zücken würde. Denn alles ist eng, bis auf den letzten Zentimeter berechnet.

Badetuch an Badetuch

Am freien Strand per steilem Fussweg oder gefühlten 1000 Treppenstufen angekommen, gilt es, ein Fleckchen Sand zu finden, um das Badetuch auszubreiten. Finde ich keines, so stelle ich die Badetasche hin, tauche erst mal ab und schaue später, ob jemand seinen Platz freigegeben hat und wir uns schrittweise ausbreiten können. Habe ich in Sachen Parkplatz kein Glück, dann fahre ich entweder zum nächsten sauberen Strand, oder aber ich begnüge mich mit jenem, wo der Mainstream hinfährt und man die Füsse im Wasser vor lauter Sand nicht mehr sieht. Tja, denn Strand ist nicht gleich Strand: Mit „sauber“ meine ich jene Strände, wo das Wasser transparent glitzert und man kaum mehr raus will, alles andere ist pfützenmässig lau und undurchsichtig.

Keine Chance gegen die Touristen

Zudem vergällen Nachrichten wie Badeverbote wegen ausgelaufener Fäkalien vorzugsweise zu Saisonbeginn den Badespass. Und überdies braucht man sonntags gar nicht hinzufahren, dann ist sowieso alles voll. Denn die Mailänder entfliehen an den Sommerwochenenden der Stadt und fahren – wohin wohl? – ans ligurische Meer. Mal ganz zu schweigen von den ausländischen Touristen. Da steht man als „Einheimischer“ ganz schnell mal blöd da. Kunststück, kommt einem da die Lust auf Meer abhanden.

Bleibt nur noch die Flucht…

Keine Lösung in Sicht? Will man all diesen Schwierigkeiten und Mühen aus dem Weg gehen, bleibt nur eines: Sich beim Lieblingsstrandbad melden, ein Saison-Abo lösen und dafür tief, und zwar sehr tief ins Portemonnaie zu greifen. Mehr als 4’000 Euro kostet mein Lieblingsstrandbad mit zwei Liegebetten, einem Sonnenschirm und Parkplatz. Von Juni bis September. Natürlich ohne Wettergarantie. Dafür fahre ich doch glatt zwei Wochen mit der ganzen Family in eine hippe Feriensiedlung an einen Traumstrand. Nicht?

Habt ihr zu diesem Thema persönliche Erfahrungen, die ihr austauschen mögt?


Sarah Coppola-Weber ist gebürtige Ostschweizerin mit italienischem Pass. Sie lebt mit einem neapolitanischen Ehemann, zwei Töchtern (17 und 14) und einem Sohn (10) seit 18 Jahren in der Nähe von La Spezia. Für “Die Angelones” schreibt die ausgebildete Doula über Familien -, Gesundheits- und Ernährungsthemen sowie Themen, die Eltern den Alltag mit ihren Sprösslingen erleichtern und lässt dabei die LeserInnen am facettenreichen italienischen Alltag teilhaben, wo der Ausnahmezustand oft an der Tagesordnung und von „dolce far niente“ keine Spur ist!

Mehr über Sarah und ihre Familie erfahrt ihr in im spannenden Interview, das wir mit ihr führen durften!

Sarahs bisher erschienenen Beiträge könnt ihr hier nachlesen:

Aus dem Leben einer Doula:
Elterntipps:
Dolce Vita:

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