«Eigentlich finde ich es schade,» lautet die Antwort des Grossen auf meine Frage, was seine Meinung zur Abschaffung der Schnüerlischrift sei. «Sie ist wie eine eigene Sprache. Und wenn es sie nicht mehr gibt, gibt es viel weniger Leute, welche die Schnüerlischrift können. Zum Glück ist sie ja aber noch nicht ausgestorben!»
Auf das nächste Schuljahr werden also auch die Schulkinder in Zürich beim Schreiben die Buchstaben nicht mehr alle untereinander verbinden müssen und die neue, nur noch teilverbundene Basisschrift als Schulschrift erlernen dürfen. Natürlich kenne ich die Vorteile des neuen Schreibstils: Die Formen sind klarer und sollen dadurch das Schreiben erleichtern und beschleunigen. Alles wird einfacher und schneller. Wird dadurch auch alles besser?
Persönlich habe ich im Schnüerlischrift-Schreiben immer schon eine entspannende, fast schon sinnliche Art der Entschleunigung gesehen. Und wenn ich unsere Buben beim Schreiben in der Schnüerlischrift beobachte, wie sie sich dabei manchmal zwar etwas abmühen müssen, aber meist zutiefst konzentrieren, sich in Geduld und Sorgfalt üben und sich über das schöne Resultat erfreuen können, dann wird mir bewusst, wie weise die Worte des Grossen eigentlich sind: Die Schnüerlischrift ist tatsächlich wie eine eigene Sprache, die in ihren schönen, langsamen Formen ganz viel Inhalt, Zeit, Engagement und Emotionen zu verpacken vermag!
Als Form des ganz bewussten Ausdrucks hätte sie weiterhin einen guten Kontrapunkt setzen können zum heutigen ultra schnellen, total einfachen, aber dafür oberflächlichen Daumen-Getippe unter Einsatz unverständlicher Minimalst-Abkürzungen und gar gänzlich ohne Sprache auskommender Emoticons.
Und was ist eure Meinung zum Thema?
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