Der Postbesuch als Geduldsprobe
Vor zwei Jahren habe ich an dieser Stelle über die italienische Post geschrieben, deren Besuch mit einem Halbtagesausflug zu vergleichen ist, da man sich wohl oder übel die Beine in den Bauch stehen muss (wenn man nicht das „Glück“ hat, einen der begehrten Stühle zu ergattern).
Die Wende
Kürzlich wurde ich diesbezüglich eines Besseren belehrt: Noch immer mache ich einen grossen Bogen um das sonnengelbe „Poste Italiane“-Schild und betrete die Post traditionellerweise nur in der Adventszeit, um meine Weihnachtskarten zu versenden. Kaum hatte ich die Nummer gezogen, wurde sie auch schon auf dem Schalter-Display sichtbar. Keine zwei Minuten waren vergangen! Wie war das möglich? Fast hätte ich die Dame hinter dem Schalter danach gefragt, hätte aber vermutlich nur ungläubige Blicke oder ein Kopfschütteln geerntet. Ich übergab ihr also meinen Stapel Karten, alle hatten gleiches Format und dasselbe Gewicht. Die Hälfte war eine Inlandsendung, der Rest ging in die Schweiz. Bis vor Kurzem musste jede Karte mit Schweizer Destination einzeln gewogen werden, das Vorgehen war zeitraubend und mehr als einmal fragte ich, ob es nicht ein schnelleres System gebe. Doch nix da! So verwunderte ich mich umso mehr, dass sie kurzum alle zusammen auf die Waage legte und etwas von „ich werde dann nachher die Briefmarken im Tresor holen“ murmelte.
Effizienzsteigerung auch in Italien
Ich konnte nicht anders, als innerlich lauthals loszulachen. Denn einerseits wurde das System um ein Vielfaches vereinfacht und „verschnellert“, andererseits fragte ich mich insgeheim, warum die Briefmarken wohl im Tresor lagerten. Aber ich wollte ja den Kunden hinter mir keine Zeit rauben und zog glücklich und getaner Dinge früher als erwartet von dannen. Doch ich wollte es noch genauer wissen, denn zwischenzeitlich war mir eine leidige Busse ins Haus geflattert (soll mal einer sagen, in Italien werden keine Bussen verteilt! Der Blitzer erwischte mich genau in jenem Moment, als ich meine Töchter auf halbem Heimweg aufgabeln musste, weil der neue Linienbus in Brüche gegangen war…da ist es nur logisch, dass man vielleicht etwas stärker aufs Gaspedal drückt, doch meine „Rettungsaktion“ kostete mich über 100 Euro…), die schnellstmöglichst bezahlt werden musste (genauer gesagt innert 6 Tagen, ansonsten kostet es ein Vielfaches mehr!). So blieb mir nichts anderes übrig, als am Samstagmorgen die Post aufzusuchen. Schon stellte ich mich auf eine längere Wartezeit ein, doch wurde ein zweites Mal überrascht: Die Wartezeit betrug keine 3 Minuten! Was ist passiert? Ich hatte wirklich das Gefühl, die Welt stand kopf! Vielleicht holen die Italiener ja auf, dachte ich mir, und passen sich langsam dem nordländischen Standard an. Schon vor ein paar Jahren wurde im Film „Benvenuti al Nord“ (Willkommen im Norden) gezeigt, wie in den Mailänder Postbüros die Angestellten den Kundenansturm auf Zeit abarbeiten, mit dem Headset am Kopf, allzeit bereit, den Anweisungen von „oben“ Folge zu leisten.
Ohne Schlangen, weniger soziale Interaktionen
Ohne Schlangestehen verlieren sich jedoch auch die Gespräche unter den Wartenden, nahm man diesen Umstand doch jeweils zum Anlass, ein paar Worte zu wechseln mit den „Leidesgenossen“, mit denen man sonst kaum je in Kontakt getreten wäre. Klar, ich ziehe die Effizienz vor, doch auch ein Schwätzchen ab und zu ist nicht zu verachten, oder nicht?
Wie erlebt ihr die Wartezeiten in der Post in der Schweiz?
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1 Kommentar
KARL ROTHFUSS
28. Dezember 2019 at 11:23ich möchte irgendwie Rita Angelone einen neujahrsgruss zukommen lassen. leider habe ich ihre persönliche mailadresse nicht.
bitte das weiterleiten: „liebe Rita, schon einmal haben wir schriftlich miteinander „gesprochen“.
herzlichen dank für alle deine beiträge. ich wünsche dir und deiner familie einen guten start ins
neue jahr, gesundheit und weiterhin ein glückliches leben“. Karl Otto, Zürich