Familienleben Kolumne

Das Nullsummenspiel

"Mamma, lueg, so chani uf zwei Siite schnide!" - Bild: Angels Book

Nicht nur die Spieltheorie kennt Situationen, in denen die Summe der Gewinne und der Verluste zusammen genommen gleich null ist. Auch in Bezug auf Fremdbetreuung von Kindern kommt das Phänomen des Nullsummenspiels zum Tragen.

Darf man die Kinder wieder einmal den Grosseltern übergeben, realisiert man beim Herannahen des grossen Tags, dass man die Zeit, die man durch die Abgabe der Betreuungsverantwortung geschenkt bekommen sollte, zu einem grossen Teil in Form verschiedenster Vorbereitungen bereits im voraus reinvestiert hat. Mangels Routine müssen Spickzettel erstellt, Kleider für alle Wetterlagen und Medikamente für alle Eventualitäten in die Taschen gepackt werden. Ganz zu schweigen von der Zeit, die man für den Bring- und Holdienst aufwendet.

Sind die Kinder dann mal weg, hält sich der Spassfaktor in Grenzen. Einerseits schafft mans nicht, auf Kommando loszulassen und empfindet wie bei Phantomschmerzen nach wie vor die ganze Last der Verantwortung über die fehlenden Familienmitglieder. Andererseits wird man von Schuldgefühlen geplagt und kommt sich plötzlich ganz so kinderlos überall deplaziert vor.

Ist die zunächst unendlich scheinende Auszeit dann doch im Nu vorbei, steht man vor einem Berg schlammsteifer Wäsche, Bobby-Car-zerfetzten Schuhen und einer Ballung neuer Marotten und man weiss: daran wird man noch tagelang zu beissen haben. He ja, Enkeln verwehrt man nichts – ausbügeln könnens die Eltern, wozu sonst sollen sie das bisschen aufgetankte Energie aufwenden?

Im Umgang mit dem zweischneidigen Schwert der Fremdbetreuung kommts aber dennoch zu seltenen Augenblicken von ausgleichender Gerechtigkeit in Form eines ausnahmsweise perfekten Timings: nämlich dann, wenn die Kinder auswärts vom Noro-Virus heimgesucht werden! Wenigstens diese Drecksarbeit bleibt nicht auch noch an einem selbst hängen.

mittwochs immer im Tagblatt der Stadt Zürich

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2 Kommentare

  • max
    20. Oktober 2010 at 05:50

    Aha, also sind Sie doch eine Italo-Mamma, wenn Sie ohne Kinder nur noch eine halbe Person sind und dann auch noch Schuldgefühle haben!

    Und warum genau haben Sie keine Schuldgefühle bei den Noroviren? Die Inkubationszeit ist 10 bis 50 Stunden (wikipedia)!

    max meint es diesmal nicht so verbissen ernst wie sonst.

  • Rita Angelone
    20. Oktober 2010 at 11:20

    Klar bin ich ganz tief im Innern eben doch eine Italo-Mamma…Und weil ich weiss, wie ich wirklich bin, darf ich mir erlauben, etwas zynisch zu sein! Und die Noro-Viren haben mir übrigens auch ein ziemlich schlechtes Gewissen eingejagt… Dagegen wasche ich lieber ein paar Kilo Schlammwäsche!

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