Das Anzünden einer Kerze ist in den religiösen Vorstellungen vieler Kulturen bedeutsam. Eine brennende Kerze symbolisiert die Seele, die im dunklen Reich des Todes leuchtet.
Meine Eltern haben mir dieses Ritual – wenn auch in einer etwas abgeänderten Version – weiter gegeben: Überall, wo uns unsere Reisen hinführten, suchten wir jeweils eine Kirche oder eine Kapelle auf, zündeten da alle eine Kerze an, dankten für alles, was wir hatten und äusserten jeder für sich einen Wunsch. Intuitiv wünschte ich mir nie etwas Materielles, sondern Dinge wie „hoffentlich bleiben wir immer alle gesund“, „bitte, mach, dass wir alle ganz lange miteinander sein können“ oder „hoffentlich passiert uns nie etwas ganz Schlimmes“.
Dieses Ritual pflege ich heute noch: egal, wo ich auf Reisen bin, suche ich eine Kirche, in welcher ich mich für einen Augenblick ganz bewusst auf mein grosses Glück besinnen und meine Liebsten in meine geheimen Gebete einbeziehen kann. Manchmal tue ich es auch, wenn ich nicht auf Reisen bin, sondern wenn ich traurig und verzweifelt bin. Das Kerzenanzünden, Danke sagen und einen Wunsch äussern, helfen mir.
Letzten Sommer haben wir zum ersten Mal die Buben in dieses Ritual eingeweiht und eigentlich wollte ich gar nicht darüber berichten – im Gegenteil: beim Aufräumen meiner Daten wollte ich kürzlich das Bild, das ich dazu gemacht hatte, gar löschen.
Aber gestern habe ich das Bild wieder hervor geholt, dabei an das Ritual gedacht, das mir in traurigen und verzweifelten Momenten hilft und bin dann in die St. Konradskirche, wo ich seit längerer Zeit wieder einmal Kerzen angezündet habe: „Danke, dass es uns gut geht. Danke, dass wir bisher nie etwas Schlimmes erleben mussten. Und bitte, verschone uns vor solch schlimmen Sachen. Aber wenn es sein muss, hilf uns, sie zu verkraften.“
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