Familienleben Kolumne

Auch Familienpolitik ist Politik

„Die Politiker haben aber allen einen Hortplatz versprochen…!“

Letzte Woche bin ich auf die gewagte Frage gestossen, ob Frauen nur bloggen, wenn es um Babys, Rezepte und Horoskope, nicht aber, wenn es um „komplizierte“ Politik gehe. Der Fragende bedauert, dass sich vor allem Männer in Politdiskussionen einschalten, obwohl bei klassischen Frauen- und Familienblogs die Hälfte aller Kommentare von Frauen stamme. Weshalb lassen sich Frauen nicht für Politblogs begeistern und zum Kommentieren mobilisieren, fragt er sich und bedauert dieses passive politische Verhalten der Frauen.

Die Frage hat mich getroffen, steckt sie doch voller Vorurteile. Frauen „muttieren“ – wie kürzlich auch zu lesen war und eine weit verbreitete Meinung ist – nach der Geburt von Kindern zu einfältigen Wesen, die sich nur noch für banales Stillen, Wickeln und Spielen auf Spielplätzen interessieren. Kein Bock mehr auf Sex, kein Drang nach beruflichem Engagement, kein Interesse für die wirklich wichtigen und komplizierten Dinge im Leben wie Politik.

Es gibt zahlreiche Gründe, weshalb ich frühmorgens nicht als Erstes die Tageszeitung lese oder gar Zeit finde, um mich auf Politblogs zu bewegen, sondern mich lediglich kurz online darüber informiere, ob die Welt überhaupt einen weiteren Tag bestehen bleibt und wie das Wetter aussieht. Frühmorgens sind das die essentiellen, wenn auch banalen Themen, die mich mobilisieren. Wäre ich frühmorgens allerdings bereits im Geschäft, würde ich durchaus zum Warmlaufen, bei einer Tasse Kaffee politische Beiträge lesen und genüsslich kommentieren.

Mütter haben sehr wohl eine politische Meinung und geben sie auch kund. Nur bleibt diese innerhalb der Wände der Mütterberatung oder der Chrabbelgruppe hängen oder versandet auf dem Spielplatz. Aus Prioritätsüberlegungen findet sie selten den Weg auf einen Blog.

Finden Mütter während einer kurzen Pause doch Zeit, auf Familienblogs über erschwerte Wiedereinstiegsmöglichkeiten oder fehlende Hortplätze zu diskutieren, dann „lästern“ sie ja aber nur wieder über „Frauenzeugs“ – genau so wie Rezepte oder Horoskope.

mittwochs immer im Tagblatt der Stadt Zürich

Was meinen Sie dazu? Wie politisch interessiert sind Sie? Wieviel Zeit verbringen Sie mit Politblogs lesen und kommentieren?

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4 Kommentare

  • Marcel
    6. April 2011 at 16:33

    Faule Ausreden, alles faule Ausreden, Frau Angelone! Auf dem Bau, im Aussendienst oder bei der Polizei gibt es Kaffeepausen häufig nicht einmal.

    Schämen Sie sich (-;

  • Rita Angelone
    6. April 2011 at 19:41

    Okay – aber was für Männer sind das denn, die offenbar soooo fleissig Politblogs lesen und kommentieren?

  • Marcel
    7. April 2011 at 10:12

    Verwaltungsangeschtellte tänk! Dienstleister also: Das Dienstleistungswunder ist vor allem weiblich.

    Aha!

  • Rita Angelone
    7. April 2011 at 10:21

    Aha! Aber wenn das Dienstleistungswunder vor allem weiblich ist, dann wären es vor allem Frauen, die Zeit fürs Bloggen hätten… Eigenartig – da geht aber jetzt etwas nicht ganz auf… 🙂

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