Familienleben Kolumne

Das kontroverse Thema: Die Wut der Frauen macht mich grad etwas hässig

Bin ich keine „richtige“ Frau, wenn ich keinen Pussy Hat stricken möchte?

Als ich letzte Woche geschrieben habe, dass ich keine Lust hätte, hinter jeder Person, jedem Wort, jeder Tat etwas Ungutes zu vermuten, dass ich es schade und unfair fände, überall Gespenster zu sehen, auch wo es keine gibt, so meinte ich damit – ganz ehrlich gesagt – auch diese plötzlich überall herrschende Wut der Frauen gegenüber allem, was auch nur dem Anschein nach zu männlich daherkommt.

Auch dazu habe ich keine Lust. Ständig wütend zu sein auf alles, was nicht Frau genug ist, finde ich nicht nur anstrengend, sondern genau so schade und unfair und vor allem unnütz. Denn allein mit Wut kann man nichts verbessern.

Selbstverständlich bin ich für Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Selbstbestimmtheit der Frauen. Und zwar auf der ganzen Welt. Natürlich lehne auch ich Sexismus ab, und auch ich hätte nicht gewollt, dass mir Trump in den Schritt greift. Ich hätte ihm wohl auf der Stelle eine geschmiert – so viel zu meiner Art von Wut.

Doch nicht alle Männer greifen mir in den Schritt. Auch hatte ich bisher das Gefühl, dass ich eigentlich ein selbstbestimmtes Leben als Frau führen durfte, dass ich so weit dieselben Chancen und Rechte hatte, wie wenn ich als Mann geboren worden wäre. Und immer dann, wenn ich einen Kompromiss eingehen oder zurückstecken musste, war auch nicht immer diese «böse, männerdominierte Weltordnung» schuld daran. Und schon gar nicht Trump.

Weshalb sollte ich also ausgerechnet jetzt plötzlich so allgemein-hässig auf alles Männliche sein, warum auch einen Pussy-Hat stricken, wieso innerhalb weniger Tage mehrmals protestierend herum­marschieren? Schimpft mich privilegiert, unemanzipiert oder gar blauäugig und dumm, aber bitte verzeiht mir, wenn ich in dieser Frage Mühe habe, mich mit den derzeit grassierenden wütenden Frauen solidarisch zu zeigen.

immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich

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5 Kommentare

  • Christina Zimmer
    23. März 2017 at 07:16

    Ich finde auch, dass man ohne Wut mehr erreicht.
    Aber Du machst es Dir zu einfach. Die gesetzliche Gleichstellung ist bei uns vorhanden. Die faktische noch lang nicht.
    Frauen protestieren um drauf aufmerksam zu machen. Diese zT schleichende (denn das ist sie oft, da sie über Rollenbilder und Klischees in uns allen verhaftet ist) Ungerechtigkeit nehmen nicht alle hin.
    Das bedeutet aber nicht, dass „der Mann“ an allem Schuld ist. Es geht auch nichtbum ein Gleichmachen. Es geht drum, eingefahrene Situationen wie Gender Pay Gap, Frauenaltersarmut, zu wenig Frauen in Spitzenpositionen, ungleich verteilte Carearbeit uvm, aufzuzeigen und anzuprangern. Denn dies hat sich in unsrer Gesellschaft festgesetzt und gehört meiner Meinung nach geändert. Dazu gehören aber auch laute und wütende Aktionen, denn anders kommen wir nirgens hin. Leider.
    Einen Pussyhat strick ich deswegen auch nicht. Ich gebe dem US Präsident nicht diese Bühne – auf meinem Kopf…
    Aber ich bin eine mehr oder wenig kämpfende Feministin. Für mich, die Gesellschaft aber auch meine Tochter und die andrer Frauen.

  • Detlef Untermann (Opa)
    23. März 2017 at 18:41

    Vermutlich steht mir als Mann in dieser Sache gar kein Urteil zu. Aber als bloggender Großv@ter hat mir Rita Angelone aus der Seele gesprochen. Denn es kann doch nicht sein, dass jede Frau, die nicht in Jeanne d’Arc-Manier gegen alle Ungerechtigkeiten dieser Welt zu Felde zieht, wie eben diese von ihren Geschlechtsgenossinnen auf dem Scheiterhaufen der öffentlichen Meinung hingerichtet wird. Wer jetzt einwendet, der soll sich doch bitte raushalten, der sei gesagt: Auch Oma sieht das so.

  • Nadja W.
    23. März 2017 at 20:15

    Gut geschrieben liebe Rita! Da ich nicht Stricken kann könnte ich das gar nicht mitmachen und ich mag kein Pink

  • Ruth Obrist
    24. März 2017 at 15:00

    Völlig einverstanden mit Rita Angelones! Ich halte diese lila Wut auf alle Männer für total bescheuert.
    Ich habe ein paar Brüder, ich hatte einen Vater. Meine eine Grossmama (1885-1980) hat ein traditionelles Frauenleben gelebt. Ich hatte sie damals mit Grosspapa, er war Bauführer, am Küchentisch sitzend über den Zahlungsbüchlein gesehen, wo sie immer zusammen bis auf den Fünfer abrechneten. Grosspapa war stolz auf seine sieben Töchter und Grossmama war stolz, dass jede einzelne einen Beruf erlernte, von Schneiderin bis zur Kinderkrankenschwester. Grossmama war immer für das Frauenstimmrecht gewesen, und sie hat jeweils auf Radio Beromünster die „Frauenstunde“ gehört. Die andern Grosseltern hatten vier Mädchen und vier Buben, dort hatten die Mädchen leider keine Lehre gemacht, aber ein Macho war mein Vater dennoch nicht, ein Handwerker, der zuhause zum Teil mithalf und die Kinder liebte.
    In Bund, Kanton und Gemeinen, auch in grossen Firmen gibt es heute Lohngleichheit. Ein Frauenleben bietet nicht nur Nachteile!! Ob man als Mann oder Frau auf die Welt kommt, ist schliesslich Schicksal.

  • Karin
    29. März 2017 at 09:02

    Ich mag es auch nicht wenn eine Debatte gehässig oder wütig geführt wird. Das schadet der Sache viel eher, als dass es ihr hilft. Die Medien schreiben gerne Titel wie „Gender-Kampf“ oder „Schlacht der Geschlechter“ weil es Klicks gibt und nach Eskalation klingt, nur… da eskaliert gerade nix. Es werden Argumente ausgetauscht, um eine gerechtere Welt zu schaffen, und das können wir sowieso nur alle gemeinsam erreichen.

    Oft wird der Feminismus als unnötig abgestempelt. Wozu noch Feminismus? In unseren Breitengraden haben Frauen ja schon vieles erreicht, und da stellt sich natürlich die Frage, warum marschieren, warum Pussy-Hats stricken, usw. Das bisschen Ungleichheit wird sich mit der Zeit schon noch regeln wird.

    Aber da sind halt noch diese Kleinigkeiten, die immer noch nerven: z.B. wenn nackte oder halbnackte Frauenkörper als Werbung für alles mögliche benutzt werden (Medizin-Apps, Stress, späte Eltern, Wellness, Schlafrythmus, Partnerbörsen, usw.) oder wenn 7% Frauen tatsächlich immer noch weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen, wenn pinke Rasierer teurer sind als blaue obwohl beide gleich viele Klingen haben, oder wenn man über „berufstätige Mutter“ oder „Karrierefrau“ spricht hingegen ein Mann selten als „berufstätiger Vater“ oder „Karrieremann“ bezeichnet wird.

    Das sind alles Kleinigkeiten, die aber wichtig sind für die Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft, und wir müssen mit dem Finger darauf zeigen, auch wenn man dann riskiert als Wut-Feministin da zu stehen. Einerseits wird von Frauen erwartet, dass sie sich alles nehmen was sie wollen: Jobs, faire Bezahlung, Männer. Anderseits gibt es das typische Bild der anstrengenden Feministin, die sich viel zu schnell aufregt, und alles scheisse findet. Mädchen und Frauen sollen beanspruchen, aber dabei bitte nicht anstrengend wirken.

    Das Einfachste wäre tatsächlich nichts zu sagen und das Ganze wegzulächeln, aber das bringt leider nichts. In der Weltgeschichte wurde bisher noch keine Ungerechtigkeit mit Lächeln abgeschafft. Somit verstehe ich es, wenn Frauen und Männer zusammen mit solchen Aktionen wie ein Womens March oder eine Pussy-Hat-Strick-Aktion auf genau solchen Dinge aufmerksam machen wollen.

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